Ist Laufen ohne Maske sicher?

© Adobe Stock / Sumetee Tuiphotoengineer

Die österreichische Regierung hat eine Ausweitung der Tragepflicht von Mund-Nasen-Schutz ab kommenden Freitag beschlossen, unter anderem für Lebensmittelgeschäfte. Damit reagierten die Entscheidungsträger auf in einigen Bundesländern ansteigende Zahlen an COVID-19-infizierter Menschen – laut Kritikern mittels konzeptloser Symbolmaßnahmen. Da de facto jeder Lebensmittel besorgen muss, trifft diese (leichte) Einschränkung alle – auch die, selbst unter Einrechnung der Daten aus den wenig repräsentativen Studien des SORA-Instituts zur Dunkelziffer der COVID-19-Erkrankten, über 99,9% in Österreich lebenden, nicht infizierten, also COVID-19-gesunden Menschen, die auch ohne Mund-Nasen-Schutz keine Corona-Infektionsgefahr für andere darstellen.
 

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Freizeitsport im kontextuellen Rahmen sicher

Läuferinnen und Läufer sind wie schon während der Zeit der Höchststände infizierter Personen in Österreich von einer Tragepflicht bei der Ausübung von Freizeitsport im Freien unter Einhaltung der empfohlenen Abstandsregeln ausgenommen. Martin Sprenger, Leiter des Lehrgangs für Public Health an der Universität Graz und ehemaliges Mitglied der Taskforce des österreichischen Gesundheitsministeriums, hat sich bereits vor Monaten in diversen Interviews für die freie Ausübung von Aktivitäten an der frischen Luft ausgesprochen, da er eine Infektionswahrscheinlichkeit unter Einhaltung der empfohlenen Abstände in diesem Rahmen als verschwindend gering hält. Diese Haltung wird der erfahrene Wissenschaftler kaum abgelegt haben, zumal es auch nach Monaten keine wissenschaftliche Evidenz zugunsten der Gegenannahme gibt. Sprenger betont vielmehr, dass die positiven gesundheitlichen Auswirkungen von moderater Bewegung in frischer Luft der Infektionsgefahr von COVID-19 und auch anderen viralen Erkrankungen bei weitem überwiegen.
Freizeitaktivitäten außerhalb von geschlossenen Räumen sind nicht riskant, auch nicht in Kleinstgruppen – besonders im Kontext einer globalen Krankheitswelle, der die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Etikett Pandemie gegeben hat. Solange man sich nicht in den Tröpfcheninfektionsregen eines Husters oder Niesens einer infizierten Person begibt oder in deren Spuck- und Schnäuzradius gerät. Statistisch ist eine Ansteckung während einer Laufrunde in Österreich aktuell verschwindend gering, an der Grenze zu null. Daher gibt es keine Notwendigkeit, das Tragen einer Maske von anderen Läuferinnen und Läufern für das eigene Sicherheitsgefühl zu verlangen. Vernünftiges Verhalten, die Einhaltung von Abständen bei minutenlanger Nähe, wie sie beispielsweise auch von den Tracing Apps registriert werden, sind generell dennoch empfehlenswert. Weder beim Laufen noch beim Einkaufen wurden bisher in Österreich laut öffentlichem Wissensstand Infektionen nachgewiesen. Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) führt 83 Infektionsfälle in den vergangenen drei Monaten auf nicht näher definierte Freizeitaktivitäten zurück. Eine repräsentative Studie 7.300 chinesischer Infektionsfälle kam zum Ergebnis, dass sich lediglich 0,0001% untersuchten Fälle auf eine Infektion außerhalb von geschlossenen Räumen zurückführen ließ (siehe New York Times vom 30. Mai).
 

Was ist mit Aerosolen?

Mathematische Hochrechnungen haben ergeben, dass Viren enthaltene Tröpfchen unter „Laborbedingungen“ bis zu acht Meter weit fliegen können. Experten sind sich einig, dass diese Spanne im Freien geringer ausfällt. Mitte April hat eine Vorveröffentlichung einer belgisch-holländischen Studie für Aufsehen gesorgt, weil sie erhöhte Infektionsgefahr durch die Lauf- und Radfahrgeschwindigkeit und die damit entstehenden aerodynamischen Effekte in einem theoretischen Rechenmodell feststellte. Sportminister Werner Kogler nahm in seiner Verkündung der entsprechenden Verordnung zur Regelung der Maßnahmen für den Freizeitsport wenige Tage später auf diese Studie Bezug. Die Erkenntnisse polarisieren, weil sie nie peer-reviewed, also von Wissenschaftskollegen verifiziert wurde, was wissenschaftlicher Standard ist. Und, weil die Daten nie in der Praxis getestet wurden, sondern lediglich aus der Theorie stammten. Die Studie hat es nie zu einer Veröffentlichung in einem Fachblatt gebracht, die Forscher mussten einen öffentlichen Rückzieher machen. Allerdings gehen immer mehr Studien, darunter eine Online-Publikation der „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“, davon aus, dass der Infektionsweg über beim Sprechen in die Umwelt geschleuderte Tröpfchen asymptomatisch Infizierter eine gewichtigere Rolle einnimmt als bisher angenommen.
 

Verringerte Luftaufnahme

Läuferinnen und Läufer, die sich krank fühlen oder Symptome spüren, die den Verdacht auf eine COVID-19-Infektion lenken, sollten sich generell nicht unter Menschen mischen und daher auch nicht Laufen gehen. Auch nicht mit Maske, um gegenüber allen anderen ein falsches Sicherheitsempfinden zu suggerieren. Österreich zählt zu den Ländern mit einer eher legeren Nasen-Mund-Schutz-Vorschreibung. In anderen Ländern war und ist die Maskentragepflicht breiter verordnet und wird von Gesundheitsbehörden für jeglichen Aufenthalt in der Öffentlichkeit empfohlen, in manchen Ländern und Regionen galt das auch für das Laufen. Beim Sport mit Maske gilt es zu bedenken, dass sich die Aufnahme von Atemluft verringert. Dies wiederum führt einerseits zu Leistungseinbußen, andererseits wäre es sportwissenschaftlich ein gutes Training, die Lungenkapazität und das Herz-Kreislauf-System für die Zeit nach dem Maskentragen generell zu stärken – wobei Fachleute unisono betonen, dass eine von einer Pandemie geprägte Zeit der falsche Zeitpunkt ist, an Leistungssteigerung und Bestleistungen zu feilen.

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