Kip Keino Classic: Kenias Premiere auf großer Bühne

Kenianische Freude weit und breit. © Getty Images for IAAF / Stephen Pond

Ein letztes Mal greift die internationale Stadionleichtathletik am morgigen Samstag im laufenden Kalender mit einem hochkarätigen Meeting ein und betritt damit Neuland. Erstmals findet ein Leichtathletik-Meeting aus der zweithöchsten Meetingserie in Kenia statt. Immerhin eine der größten Leichtathletik-Nationen der Welt, die 2015 bei den Weltmeisterschaften von Peking den Medaillenspiegel für sich entschied und im ewigen WM-Medaillenspiegel noch vor Russland und Jamaika den dritten Platz besetzt. Das Kip Keino Classic in Nairobi gehört zur World Athletics Continental Tour der Klasse Gold und hat gute Chancen, das beste Ein-Tages-Meeting der Leichtathletik-Geschichte auf dem afrikanischen Kontinenten zu werden.
 

Kenianische Freude bei der U18-WM 2017. © Getty Images for IAAF / Stephen Pond
 

Große Chance für Kenia

Der kenianische Veranstalter ist höchst motiviert, das aufgrund von COVID-19 von Mai auf den 26. September und später auf den 3. Oktober verschobene Meeting so qualitativ hochwertig wie möglich über die Bühne zu bringen. Dafür hat man das Nyayo National Stadium in Nairobi, nicht Austragungsort der in einem äußerst stimmungsvollen Rahmen im Moi International Sports Centre ausgerichteten U18-Weltmeisterschaften, herausgeputzt, dem Meeting in Erinnerung an einen der großen kenianischen Laufpioniere – Kipchoge Keino gewann 1968 Olympisches Gold im 1.500m-Lauf und vier Jahre später im 3.000m-Hindernislauf – ein zierenden Titel verpasst und für entsprechende sportliche Qualität gesorgt.
Der Termin ist für den Kenianischen Leichtathletik-Verband (Athletics Kenya) und für die kenianische Sportnation von enormer Wichtigkeit: Schließlich will man nachhaltig Eindruck schinden, um tatsächlich im Jahr 2025 die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Nairobi auszutragen. In jener Sportart also, in der die kenianische Nationalsport Laufen integriert ist. Seit Wochen hält sich die ausführliche Berichterstattung auf das Kip Keino Classic an der Spitze der Sportberichterstattung der kenianischen Medien und konnte nicht einmal von der Vorberichterstattung auf den London Marathon vollständig verdrängt werden. Wie ernst es dem ostafrikanischen Land ist, zeigt die Tatsache, dass der kenianische Staatspräsident Uhuru Kenyatta am letzten Wochenende höchstpersönlich das neu renovierte Stadion mit einem symbolischen Startschuss zu eröffnen.
 

Fünf Weltmeister

Fünf Weltmeister führen das mit 120 Athleten aus 30 Nationen beträchtliche Aufgebot des siebten und letzten Meetings der Saison der Continental Tour Gold an, in dem naturgemäß die Laufentscheidungen die Hauptrolle einnehmen. Gleich acht Laufbewerbe sind geplant, unter Beteiligung von 5.000m-Weltmeister Muktar Edris, der erstmals dem Giro al Sas unmittelbar nach der WM 2019 in Doha wieder auftaucht, seinem weiblichen Pendant Hellen Obiri, der 3.000m-Hindernislauf-Weltmeister Conseslus Kipruto und Beatrice Chepkoech und von 1.500m-Champion Timothy Cheruiyot. Nicht nur aufgrund der Besetzung, sondern auch aufgrund der Mühen des Veranstalters erwartet World Athletics Präsident Sebastian Coe ein großes Sportfest und betont, dass die Einführung der World Athletics Continental Tour trotz der COVID-19-Pandemie ein voller Erfolg ist. „Wir wissen um die Leidenschaft für Sport der kenianischen Fans“, freut er sich bereits auf stimmungsvolle Junioren-Weltmeisterschaften im nächsten Jahr. Coes Ziel ist es, zukünftig nicht nur Afrika, sondern alle Konföderationen besser in die Meetingserie einzubinden.
 

Spannung über die Hindernisse

Für Conseslus Kipruto, der im Sommer durch einen positiven COVID-19-Test ausgebremst wurde, geht in sein erstes und letztes ernsthaftes Rennen in dieser Saison. Daher schweben über dem kenianischen Volkshelden – er hielt in den letzten Jahren die Vormachtstellung in dieser urkenianischen Sportart aufrecht – einige Fragezeichen. Großer Konkurrent ist der Marokkaner Soufiane El Bakkali, der sich in Topform befindet. Gute Chancen rechnen sich auch die Kenianer Amos Kirui und Leonard Bett sowie der junge Äthiopier Tadesse Worku aus.
Beatrice Chepkoech, ihrerseits auch Weltrekordhalterin im 3.000m-Hindernislauf, kommt mit der Empfehlung eines bärenstarken 3.000m-Laufs (flach) beim Diamond-League-Meeting vor acht Tagen in Doha (8:22,92), hat aber den einzigen Hindernislauf der Saison in Berlin gegen Hyvin Kiyeng verloren. Auch Kiyeng, Weltmeisterin von 2015, hat in Doha ihre starke Verfassung nachgewiesen und wird Chepkoech ein spannendes Duell – wahrscheinlich um eine Weltjahresbestleistung – liefern. Die WM-Vierte Winfred Yavi aus dem Bahrain komplettiert das starke Feld.
 

Obiri will Saison mit Sieg beenden

„Ich freue mich auf ein aufregendes Saisonende zu Hause. Es wird ein großartiges Gefühl für alle kenianischen Athletinnen und Athleten, vor heimischen Fans zu laufen“, freut sich Hellen Obiri über die Aufgabe. Die Zielsetzung für den 5.000m-Lauf ist einfach: gewinnen und schnell laufen. Dass sie das aktuell kann, davon zeugen die Triumphe in Monaco (5.000m) und Doha (3.000m) in der Diamond League. Mercy Cherono, Siegerin der Commonwealth Games 2014, gibt ihr Comeback. Sie war nach den Olympischen Spielen von Rio in Babypause gegangen.
Bei den Männern gehen neben Weltmeister Muktar Edris auch seine äthiopischen Landsleute Selemon Barega und Telahun Bekele an den Start. Ihnen stellen sich die kenianischen Topläufer Nicholas Kimeli und Jacob Krop in den Weg, was einen spannenden Wettkampf im ewig jungen Prestigeduell zwischen Kenia und Äthiopien verspricht.
 

Mittelstreckenstars hoffen auch auf Heimsiege

Nachdem Jakob Ingebrigtsen seiner Einladung in die kenianische Hauptstadt nicht gefolgt ist, ist Timothy Cheruiyot der große Favorit im 1.500m-Lauf und kann nach einem enttäuschenden 800m-Rennen in Doha noch einmal in dieser Saison ein Statement setzen. In der Startliste taucht auch Silas Kiplagat auf, ein zweifacher Diamond-League-Gesamtsieger, der zuletzt 2018 an internationalen Wettkämpfen teilgenommen hat – und das wenig erfolgreich.
Die stärksten Athleten in den 800m-Läufen sind die ehemalige Weltmeisterin Eunice Sum, die Äthiopierin Habitam Alemu und Noélie Yarigo bei den Frauen und die kenianischen Top-Läufer Ferguson Rotich und Wycliffe Kinyamal. Aufgrund der Beschränkungen rund um die Pandemie dürfen am morgigen Samstag lediglich 6.000 Zuschauer in das fünfmal so viele Menschen fassende Stadion. Laut Informationen auf der Veranstaltungswebsite sind noch Tickets verfügbar, zum Nulltarif.
 
 
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