800m-Weltmeister Donavan Brazier hat das neue Jahr nach der mit Abstand besten Saison seines Lebens mit einem Paukenschlag eröffnet. Beim New Balance Indoor Grand Prix in Boston, Station eins der World Athletics Indoor Tour, erzielte der 22-Jährige die zweitschnellste Hallenzeit über 600 Meter aller Zeiten. Nur er selbst war bereits einmal schneller gelaufen als am Samstagnachmittag Ortszeit an der US-Ostküste, wo Brazier eine Zeit von 1:14:39 Minuten erreichte. Damit war der US-Amerikaner fast sechs Sekunden schneller als sein Landsmann Michael Stigler. „Das fühlte sich großartig an!“, jubelte Brazier, der zum vierten Mal in Folge in Boston gewann. Auch im 1.000m-Lauf – dieser Bewerb fiel in die 800m-Gesamtwertung – gab es im Reggie Lewis Center einen Heimsieg zu bejubeln. Brice Hoppel lag eingangs der letzten Runde noch auf Platz drei hinter den beiden Europäern, überquerte dann aber in einer Zeit von 2:17:41 Stunden als Erster die Ziellinie. Der Schotte Jake Wightman folgte mit einem neuen britischen Hallenrekord eine Zehntelsekunde später, der Spanier Saul Ordonez verlor noch 1,4 Sekunden und wurde Dritter. In der „Tommy Leonard Memorial Mile“ lieferten sich der Brite Chris O’Hare und der Neuseeländer Nick Willis ein spannendes Duell. O’Hare siegte in einer Zeit von 3:59,62 Minuten mit einer Viertelsekunde Vorsprung auf den in den USA lebenden, zweifachen Olympia-Medaillengewinner, der nach einer völlig verpatzten Saison 2019 einen hoffnungsvollen Auftakt in seine wohl letzte Olympia-Saison ablieferte. Möglicherweise steht der 36-Jährige gar vor seiner allerletzten Saison als Leistungssportler.
Raess starker Dritter
Neben dem 800m-Lauf gibt es in diesem Jahr in der World Athletics Indoor Tour auch eine Gesamtwertung im 3.000m-Lauf der Männer. Beim Auftaktrennen in Boston zeigte der Schweizer Jonas Raess eine bemerkenswerte Leistung und belegte als bester Nicht-Kenianer den dritten Platz. Aus Sicht des Universiade-Champions über 5.000m schade war einzig, dass seine Zeit von 7:52,20 Minuten um gut zwei Sekunden zu langsam war für das Hallen-WM-Limit. Dennoch dürfte das Rennen in Boston nach einem mehrwöchigen Trainingsaufenthalt in den USA Mut auf mehr machen. Bethwell Birgen (7:44,21) und der in den USA lebende Edward Cheserek (7:46,74) feierten einen kenianischen Doppelsieg, der Kanadier Ben Flanagan kam unmittelbar hinter Raess ins Ziel.
Klosterhalfen muss australischem Talent den Vortritt lassen
Angesichts der herausragenden Qualität in der Trainingsgruppe, die bis vor wenigen Monaten Nike Oregon Project hieß, ist es kein Wunder, dass Konstanze Klosterhalfen einmal gegenüber einer Trainingskollegin das Nachsehen hat. Neu ist, dass es sich in Boston dabei um Jessica Hull handelt. Die Australierin studiert an der University of Oregon und wurde von US-Experten schon seit Jahren als Ausnahmetalent angekündigt. Bei den Weltmeisterschaften von Doha verhinderte nur eine unglückliche Konstellation ihren Finaleinzug, in Boston zeigte die 23-Jährige ihre Klasse, indem sie im letzten Umlauf Klosterhalfen überholte und in einer Zeit von 4:04,14 Minuten einen überraschenden Sieg feierte. Mit dieser Zeit verbesserte Hull den Ozeanienrekord unter dem Hallendach von Melissa Duncan, gelaufen vor vier Jahren an gleicher Stelle, um knapp drei Sekunden. Die Deutsche belegte bei ihrem Saisoneinstand in einer für ein Hallen-Rennen durchaus guten Zeit von 4:04,38 Minuten den zweiten Platz, mit zwei Sekunden Verspätung erreichte mit Ciara Mageaan aus Irland eine zweite Europäerin einen Podestplatz und jubelte in einer Zeit von 4:06,42 Minuten über einen neuen irischen Hallen-Rekord im 1.500m-Lauf.
Den Wettbewerb über zwei Meilen gewann die US-Amerikanerin Elle Purrier in einer Zeit von 9:29,17 Minuten vor Dominique Scott aus Südafrika und Hindernislauf-Spezialistin Emma Coburn, die eine Zeit von 9:32,81 Minuten verbuchte. Teil zwei der World Athletics Indoor Tour geht am kommenden Freitag in Karlsruhe über die Bühne.
New Balance Indoor Grand Prix