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Jess Piasecki hat beim 36. Florenz Marathon für eine der größten sportlichen Sensationen der Veranstaltungsgeschichte und den ersten britischen Sieg seit Michaela McCallum im Jahr 1999 gesorgt. Die 29-Jährige, deren größter Erfolg bisher ein Crosslauf-EM-Titel der Altersklasse U23 war, wuchs…
Jess Piasecki hat beim 36. Florenz Marathon für eine der größten sportlichen Sensationen der Veranstaltungsgeschichte und den ersten britischen Sieg seit Michaela McCallum im Jahr 1999 gesorgt. Die 29-Jährige, deren größter Erfolg bisher ein Crosslauf-EM-Titel der Altersklasse U23 war, wuchs bei ihrem ersten vollen Marathon ihrer Karriere auf dem schwierigen Pflaster in der Hauptstadt der Toskana auf der zweiten Marathon-Hälfte über sich hinaus und stürmte in einer Zeit von 2:25:29 Stunden unerwartet zum Sieg. Die klar favorisierte Äthiopierin Dinknesh Tefera ließ sie dabei fast eineinhalb Minuten hinter sich.
Gigantischer Negativ-Split
Dabei lief selbst Tefera einen Negativ-Split, also die zweite Marathon-Hälfte schneller als die erste. Die Leistungssteigerung Piaseckis erreichte allerdings noch einmal eine höhere Dimension, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass keine einzige Vorleistung darauf hinwies. Piasecki, die ihren bisher einzigen Marathon in Frankfurt 2015 in der Hoffnung, sich für die Olympischen Spiele 2016 zu qualifizieren, aufgab, ging mit einer persönlichen Bestleistung von 1:11:34 Stunden im Halbmarathon ins Rennen, die sie in der Vorbereitung erzielt hatte. Auch die Leistungen im 10km-Straßenlauf kündigten keine Wundertaten an. Eine Halbmarathon-Durchgangszeit von 1:14:31 Stunden in einer fünfköpfigen Spitzengruppe schien daher auf Basis dieses Referenz-Werts eine statistisch vernünftige Strategie für einen Marathonlauf. Was in dieses Bild aber nicht passt, ist die zweite Marathon-Hälfte in einer Zeit von 1:10:58 Stunden – also über eine halbe Minute schneller als bei ihrem bisher besten Halbmarathon und das trotz der schwierigen Kopfsteinplaster-Passagen durch das historische Zentrum Florenz’. „Ist es nicht großartig, wenn über einen langen Zeitraum alles klappt?“, fragte die Britin auf ihrem Twitter-Profil. Im Ziel hatte sie noch erwähnt, sie könne nicht glauben, was ihr gelungen ist. Sie ist nun schlagartig die Nummer drei der ewigen britischen Bestenliste im Marathon der Frauen hinter Paula Radcliffe und Mara Yamauchi, als schnellste Aktive knapp vor der bisher schnellsten Britin des Jahres, Charlotte Purdue.
Konkret beschleunigte Piasecki auf dem Weg zum Triumph bei Kilometer 30. Bis dahin hatten bereits die am Ende drittplatzierte Kenianerin Salina Jebet und zwei weitere Rivalinnen den Anschluss an das Spitzenduo verloren. Die Britin puschte, die Äthiopierin hielt lange Zeit den Kontakt und lag bei der Zwischenzeit bei Kilometer 35 nur acht Sekunden hinter ihr. Doch der Leistungsunterschied zwischen den beiden Siegkandidatinnen zeigte sich in der nun schnellsten Phase des Rennens deutlich. Mit 58 Sekunden Vorsprung passierte Piasecki die Zwischenzeit bei Kilometer 40, im Ziel lagen 20 weitere Sekunden zwischen den beiden. Nur Vorjahressiegerin Lonah Chemtai-Salpeter, mittlerweile eine sub-2:20-Läuferin, ist in Florenz jemals schneller einen Marathon gelaufen als die Sensationssiegerin von heuer.
Knapp abseits des Podests kam mit Elisa Stefani auf Platz vier die stärkste Italienerin ins Ziel. Die 33-Jährige freute sich über eine persönliche Bestleistung von 2:31:57 Stunden.
Bekele schlägt Kipsang
Im Rennen der Männer lautete das Duell Nigussie Bekele gegen Asbel Kipsang. Der Kenianer, der 2014 in Florenz gewonnen hatte, war als Favorit ins Rennen gegangen, doch bereits nach zwei Drittel der Distanz deutete sich an, dass er diese Rolle nicht erfüllen würde. Bekele setzte sich gemeinsam mit seinem Landsmann Azmeraw Gereme, den er wenig später ebenfalls stehen ließ und der das Ziel nicht erreichen sollte, ab und erreichte die Zwischenzeit bei Kilometer 35 mit einem Vorsprung von fast einer Minute auf Kipsang. Bei Kilometer 40 lag Bekele bereits mit eineinhalb Minuten in Führung, der Abstand vergrößerte sich noch leicht zu einer Siegerzeit von 2:10:14 Stunden. „Ich habe gemerkt, dass meine Konkurrenten nicht mitgehen konnten und habe durchgezogen“, kommentierte der 35-Jährige, der im Juni den Stockholm Marathon in seiner persönlichen Bestleistung von 2:10:10 Stunden gewonnen hat. Bemerkenswertes Detail: Von Kilometer 40 bis ins Ziel benötigte Bekele auf die Sekunde exakt so lange wie Piasecki.
Kipsang (2:11:54) und der Marokkaner Hicham Boufars (2:13:29) komplettierten das Stockerl. Bester Italiener war Alessio Terrasi auf Rang sechs, bester Europäer der Israeli Tasama Moogas in einer Zeit von 2:13:40 Stunden auf Position vier.
Verkürzte Strecke für den größten Teil des Starterfeldes
7.754 Marathonläuferinnen und Marathonläufer starteten laut Angaben der Organisatoren direkt vor dem weltberühmten Duomo in die 36. Auflage des Florenz Marathon, 7.460 erreichten die Ziellinie. Aufgrund austretenden Gas’ entlang der Marathonstrecke musste der Veranstalter aus Sicherzeitsgründen während des Rennens die Strecke mit einer rasch eingerichteten Umleitung um rund 520 Metern verkürzen, wie die italienische Sportzeitung „La Gazzetta dello Sport“ berichtet. Das betraf den Großteil des Starterfeldes, nur rund 60 Läuferinnen und Läufer – darunter alle Top-Platzierten – haben somit die vorgesehenen, kompletten 42,195 Kilometer absolviert.
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