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Nach seinem Sieg beim diesjährigen Boston Marathon im Spurt aus einer Dreiergruppe hat Lawrence Cherono noch verlegen in die Kamera gelächelt und zu beichten versucht, dass der Endspurt eigentlich keine Stärke von ihm sei. Ein halbes Jahr später, nachdem er…
Nach seinem Sieg beim diesjährigen Boston Marathon im Spurt aus einer Dreiergruppe hat Lawrence Cherono noch verlegen in die Kamera gelächelt und zu beichten versucht, dass der Endspurt eigentlich keine Stärke von ihm sei. Ein halbes Jahr später, nachdem er den Chicago Marathon auf ähnliche Weise, dieses Mal aus einer vierköpfigen Spitzengruppe, gewonnen hat, kann er das nicht mehr tun. Er ist der Spurtkönig wider Willen. Und der 31-Jährige gehört ab sofort zum engsten Kreis der Marathon-Weltklasse. In einer Zeit von 2:05:45 Stunden feierte er seinen zweiten Erfolg bei den World Marathon Majors vor den Äthiopiern Dejene Debela, Asefa Mengstu und dem Kenianer Bedan Karoki. Es war der Höhepunkt eines spannenden Chicago Marathon auf ansprechendem Niveau.
Während seine direkten Kontrahenten gerade ihre ersten Spuren in den World Marathon Majors hinterlassen, ist Lawrence Cherono aus der Vereinigung der wichtigsten sechs Marathonläufe der Welt nun nicht mehr wegzudenken. Von den letzten zehn Marathons hat er sieben gewonnen, vor den Höhepunkten in Boston und Chicago 2019 auf jene in Honolulu (2016, 2017), Amsterdam (2017, 2018) und Prag (2016). Keine schlechte Vita für den Kenianer, der bei einer persönlichen Bestleistung von 2:04:06 Stunden hält und außerdem ein grandioses Gespür für das Racing beweist. In Chicago agierte er lange Zeit in einer passiven Rolle in der Spitzengruppe und wartete geduldig auf seine Chance. Die kam auf der langen Zielgerade, als er bemerkte, mehr Energiereserven als seine Konkurrenten ins Finale mitgebracht zu haben.
Lawrence Cheronos Halbmarathon-Splits: 1:02:15 / 1:03:30 Stunden Lawrence Cheronos 5km-Teilzeiten: 14:45 – 14:43 – 14:43 – 14:49 – 14:56 – 15:02 – 14:55 – 15:16 – 6:35 (2,195 km) Minuten
Cherono der Chef im Finale
Die Tempomacher führten das Feld in einem ausgeglichenen Tempo zu einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 1:02:14 Stunden für den zu diesem Zeitpunkt führenden Dickson Chumba, der im Finale plötzlich einbrach und auf Position sieben zurückfiel. Für die Klasse des Feldes war das genau das richtige Tempo, das einen spannenden Wettbewerb ermöglichte. Nicht in den Kampf um den Sieg verblieben waren zu diesem Zeitpunkt bereits Mo Farah und Galen Rupp, die beim Halbmarathon 40 Sekunden Rückstand aufwiesen. Der Abschnitt zwischen Kilometer 25 und 30 war der erste 5km-Abschnitt mit einer Zeit über 15 Minuten. Gegen Ende wurde das Rennen in einem klassischen Ausscheidungsrennen einen Tick langsamer, die an diesem Tage Stärksten hielten sich an der Spitze. Ein Quartett überquerte die Zwischenzeit bei Kilometer 40 in einer Zeit von 1:59:08 Stunden. Die Entscheidung musste im Zielspurt fallen und der Erfahrenste und Beste spielte seine Stärken aus. Damit müssen die Äthiopier weiterhin auf ihren zweiten Sieg in Chicago überhaupt waren. Der 24-jährige Debela lief eine persönliche Bestleistung von 2:05:46 Stunden und wurde Zweiter, auch seine Landsleute Asefa Mengstu (3.) und Seifu Tura (6.), die beide schon eine Dubai-Zeit auf der Visitenkarte haben, enttäuschten nicht. Ebenfalls stark präsentierte sich Bedan Karoki, der sehr offensiv lief und am Ende seine persönliche Bestleistung um knapp eine Minute auf eine Zeit von 2:05:53 Stunden steigerte. Der 29-Jährige, der im Halbmarathon zur absoluten Weltelite gehört, ist der Marathon-Weltklasse einen Schritt näher gekommen.
Abdi bricht seinen eigenen belgischen Rekord – Farahs schwächster Marathon
Europas Marathon-Held in Chicago war nicht Titelverteidiger Mo Farah, sondern Bashir Abdi. Der Belgier lief ein vorzügliches Rennen mit zwei ausgeglichenen Marathon-Hälften und verbesserte seinen eigenen, erst in London aufgestellten belgischen Landesrekord um 49 Sekunden auf eine Zeit von 2:06:14 Stunden. Damit ist der 30-Jährige nun die Nummer vier der ewigen europäischen Bestenliste hinter Farah, Kaan Kigen Özbilen und Sondre Nordstad Moen. Farah und Abdi liefen bis kurz vor der Zwischenzeit bei Kilometer 30 im Duett. Zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden sukzessive einen Rückstand von knapp eineinhalb Minuten angesammelt. Während sich Farah defensiv ins Ziel rettete, konnte Abdi deutlich zulegen und war ab diesem Zeitpunkt der schnellste Läufer im Rennen, mit den schnellsten Kilometerzeiten seines Marathons. Bis zur Ziellinie verringerte er den Rückstand auf Sieger Cherono um 54 Sekunden!
Bashir Abdis Halbmarathon-Splits: 1:02:54 / 1:03:20 Stunden Basir Abdis 5km-Teilzeiten: 14:47 – 14:43 – 14:53 – 15:09 – 15:21 – 15:29 – 14:53 – 14:38 – 6:21 (2,195 km) Minuten
Mo Farah hingegen war nach einem gelungenen Test beim Great North Run in Chicago weit entfernt von einer möglichen Titelverteidigung. Bereits nach rund 13 Kilometern konnte er das Tempo der Spitzengruppe nicht mehr mitgehen und verlor kontinuierlich an Zeit. Schlussendlich kam der Brite in der schlechtesten seiner fünf Marathon-Zeiten ins Ziel, 2:09:58 Stunden für Rang acht. Über 1:07 Stunden hatte er für die zweite Marathon-Hälfte benötigt. Die Teilzeit von Kilometer 35 ins Ziel war langsamer als jene von Brigid Kosgei, die im Frauen-Rennen zu einem neuen Weltrekord stürmte.
Mo Farahs Halbmarathon-Splits: 1:02:54 / 1:07:04 Stunden Mo Farahs 5km-Teilzeiten: 14:47 – 14:42 – 14:54 – 15:09 – 15:22 – 15:36 – 15:53 – 16:05 – 7:30 (2,195 km) Minuten
Noch schlimmer als Farah erwischte es seinen ehemaligen Teamkollegen Galen Rupp, der nach 36 Kilometern das Handtuch warf und damit das Debakel für das ehemalige Top-Marathon-Duo des Nike Oregon Projects komplettierte. Der 33-Jährige hat damit auch die Generalprobe für die US-Trials im Februar vernebelt.
Flut an Bestleistungen für Amerikaner
Wie vor einigen Wochen beim Berlin Marathon, als Peter Herzog maßgeblich von einer großen Gruppe mit dieser Zielsetzung profitierte, peilte auch beim Chicago Marathon eine riesige Gruppe Zielzeiten von ca. 2:11 Stunden an. Plangemäß knapp unter 1:05:30 Stunden hatte die Gruppe die erste Streckenhälfte hinter sich gelassen. Im Ziel feierten allein die zehn US-Amerikaner, die in den ersten 20 gelandet waren, geschlossen persönliche Bestleistungen, teilweise mit einer Differenz von bis zu vier Minuten zu vorherigen Bestwerten. Die Dichte ist erstaunlich!
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