58 Minuten und eine Sekunde – so lautete der neuen Weltrekord im Halbmarathon der Männer. Geoffrey Kamworor, ein Meister auf dieser Distanz, benötigte beim gestrigen Kopenhagen Halbmarathon diese Zeit, um die 21,0975 Kilometer lange Strecke durch die dänische Hauptstadt zu absolvieren und setzte bei seinem ersten City-Halbmarathon nach fast fünf Jahren diese fantastische Marke. „Dieser Weltrekord ist ein sehr emotionales Ereignis für mich. Diese Leistung hier an diesem Ort zu schaffen, wo ich meinen ersten WM-Titel gefeiert habe, macht sie für mich noch einmal spezieller“, jubelte der 26-Jährige nach seinem Paukenschlag, der verbunden war mit einem klaren Sieg. Mit der Endzeit von 58:01 Minuten verbesserte er die Marke des aktuell wegen Dopings suspendierten Abraham Kiptum, gelaufen im Herbst 2018 in Valencia, um 17 Sekunden. Kamworor ist der sechste kenianische Weltrekordhalter in der Historie des Halbmarathons.
Irres Tempo bis Kilometer 15
Die Basis für den ersten Halbmarathon-Weltrekord auf skandinavischem Boden legte Kamworor im Mittelteil des Rennens, das wie für Kopenhagen gewöhnlich sehr schnell angegangen wurde. Nach 13:53 Minuten überquerte das von den Tempomachern angeführte Feld die Zwischenzeit bei fünf Kilometern, Kamworor lief stets aktiv vorne und suchte den Windschatten der Pacemaker. Dieses Tempo – durchschnittlich 2:47 Minuten pro Kilometer – war ihm offensichtlich noch nicht schnell genug. Denn die Teilzeit bis zur Zwischenzeit bei Kilometer zehn (27:34) lautete 13:41 Minuten – 2:45 Minuten pro Kilometer. Zu diesem Zeitpunkt lag die Spitzengruppe noch beisammen, auf den folgenden Kilometern fiel die Entscheidung. Mit einer 5km-Teilzeit von 13:31 Minuten (2:43 Minuten pro Kilometer) setzte sich der neue Weltrekordhalter von seinen Kontrahenten ab und erarbeitete sich bis zur Zwischenzeit bei Kilometer 15 einen Vorsprung von rund einer halben Minute auf die verkleinerte Verfolgergruppe. Die Zwischenzeit von 41:05 Minuten stellte den gültigen 15km-Weltrekord von Joshua Cheptegei, erzielt vor zehn Monaten in Nijmegen, ein!
Traumhafte Generalprobe für New York City Marathon
Dass schlussendlich 16 Jahre nach dem erstmaligen Unterbieten der Schallmauer einer Stunde die Marke von 58 Minuten nicht fiel, lag am „langsamsten“ 5km-Abschnitt Kamworors, bei dem das durchschnittlichste Tempo auf 2:48 Minuten pro Kilometer stieg. Mit einem starken Finale auf den letzten knapp 1,1 Kilometer stellte der Kenianer aber klar, dass der den Weltrekord und seine bisherige Bestleistung von 58:54 Minuten pulverisierte. Ob die Galavorstellung des dreifachen Weltmeisters in dieser Disziplin, dessen zweites großes Ziel dieses Herbsts der Sieg beim New York City Marathon ist, Rückschlüsse auf eine Top-Form seines prominenten Trainingspartners Eliud Kipchoge in Vorbereitung auf seine INEOS 1:59 Challenge ziehen lässt, ist nicht beantwortbar. Darauf, dass Kamworor selbst mit diesem Leistungspotenzial beim Klassiker am Big Apple ein heißer Siegkandidat sein dürfte, dagegen schon.
Moen mit zweitschnellster Halbmarathonzeit
Dass ein Weltrekord, erzielt in einem Rennen mit 1:15 Minuten auf den Nächstbesten, alles andere überstrahlt, ist logisch. Doch im Teilnehmerfeld des mit 25.000 Läuferinnen und Läufern lange ausverkauften Rennens nützten zahlreiche Laufbegeisterte die optimalen Bedingungen für Klasseleistungen, auch im Elitefeld. Dort ging es hinter Kamworor ob des höllischen Tempos auf der ersten Streckenhälfte im Kampf um Platz zwei irgendwie auch ums „Überleben“. Am besten konnte Benard Ngeno seine wenig verbliebenen Kräfte im Finale bündeln und wurde in einer Zeit von 59:16 Minuten Zweiter vor dem Äthiopier Berehanu Tsegay (59:22). Beide freuten sich wie insgesamt acht Läufer in den Top-Ten über persönliche Bestleistungen. Die Ausnahme bildeten der viertplatzierte Edwin Kiptoo, der in einer Zeit von 59:27 Minuten die Winzigkeit einer Sekunde über seinem „Hausrekord“ blieb, und der beste Europäer, Sondre Nordstad Moen. Der Norweger lieferte in einer Zeit von 1:00:20 Stunden, der zweitbesten seiner Karriere, allerdings ebenfalls eine starke Leistung ab und wurde Neunter. Dennoch hatte er bei der Zielankunft kein Strahlen im Gesicht.
Gabius mit Auf und Abs
Weniger gut lief es für Arne Gabius, der in einer Zeit von 1:04:05 Stunden eine ordentliche Generalprobe für den New York City Marathon. „Es gab in diesem Rennen viele Ups and Downs, dahingehend war es eine gute Vorbereitung für einen Marahton. Natürlich hatte ich mir etwas mehr erhofft“, wird der 38-Jährige auf der Website des DLV zitiert. Ein kleiner Einbruch im dritten Rennviertel führte dazu, dass Gabius sein Anfangstempo von drei Minuten pro Kilometer nicht mehr halten konnte und schlussendlich auf Rang 24 ins Ziel kam. Damit lag er noch drei Positionen und knapp eine Minute vor dem dänischen Meister Abdi Ulad.
Dibaba gewinnt das Rennen der Bestleistungen
Zwar blieben im Rennen der Frauen sowohl Weltrekord als auch der Streckenrekord von Vorjahressiegerin Sifan Hassan unangetastet. Dennoch lieferte das auf dem Papier nicht überragend besetzte Feld Weltklassesport, weil einige Läuferinnen teilweise deutliche persönliche Bestleistungen erzielte. So auch die Siegerin Birhane Dibaba, ein ehemaliger Tokio-Marathon-Champion, die als fünfte Äthiopierin in der Geschichte des Halbmarathons eine Zeit unter 1:06 Stunden erzielte und in einer Zeit von 1:05:57 Stunden auch die zweitschnellste Siegerzeit in der noch jungen Geschichte des Kopenhagen Halbmarathon als elitäre Veranstaltung erzielte. In ihrem ersten Halbmarathon seit eineinhalb Jahren setzte sich die 26-Jährige, die 2016 in China einmal einen Halbmarathon unter 1:08 Stunden bestritten hatte, von ihren Begleiterinnen Evaline Chirchir und Dorcas Tuitoek aus Kenia ab, die das über die gesamte Distanz sehr konstante Tempo nicht mehr halten konnten. Die erst 21 Jahre alte Chirchir, die ihre persönliche Bestleistung in ihrem zweiten internationalen Marathon um 1:45 Minuten steigerte, wurde in einer Zeit von 1:06:22 Stunden Zweite vor ihrer Landsfrau, die ihre persönliche Bestleistung in einer Zeit von 1:06:36 Stunden um drei Sekunden verpasste.
Beste Europäerin in einem von teilweise wenig bekannten, aufstrebenden afrikanischen Athletinnen dominierten Feld war die Kroatin Matea Parlov, die auf Rang 16 dieselbe Zeit wie Lokalmatadorin Maja Alm erzielte (1:11:54), drei Sekunden später folgte die Schwedin Hanna Lindholm. Parlov verbesserte ihre persönliche Bestleistung um über zwei Minuten, Lindholm um eine halbe Minute. Die Überraschung in diesem Trio war aber die 31-jährige Dänin, die bei ihrem Halbmarathon-Debüt dänische Meisterin vor der favorisierten Anna Holm wurde.
Ergebnisse Kopenhagen Halbmarathon 2019
Männer
1. Geoffrey Kamworor (KEN) 58:01 Minuten *
2. Benard Negeno (KEN) 59:16 Minuten **
3. Berehanu Tsegu (ETH) 59:22 Minuten **
4. Edwin Kiptoo (KEN) 59:27 Minuten
5. Amos Kurgat (KEN) 59:37 Minuten **
6. Philemon Kiplimo (KEN) 59:57 Minuten **
7. Shadrack Koech (KEN) 1:00:12 Stunden ***
8. Kine Ayalew (ETH) 1:00:13 Stunden **
9. Sondre Nordstad Moen (NOR) 1:00:20 Stunden
10. Alfred Barkach (KEN) 1:00:22 Stunden ***
…
24. Arne Gabius (GER) 1:04:05 Stunden
27. Abdi Ulad (DEN) 1:05:02 Stunden ****
Frauen
1. Birhane Dibaba (ETH) 1:05:57 Stunden **
2. Evaline Chirchir (KEN) 1:06:22 Stunden **
3. Dorcas Tuitoek (KEN) 1:06:36 Stunden
4. Megertu Kebede (ETH) 1:06:43 Stunden
5. Brillian Kipkoech (KEN) 1:07:12 Stunden **
6. Bekelech Gudeta (ETH) 1:07:21 Stunden
7. Naom Jebet (KEN) 1:08:08 Stunden **
8. Hiwot Gebremaryam (ETH) 1:08:21 Stunden
9. Sutume Kebede (ETH) 1:09:05 Stunden
10. Birhan Gebrekidan (ETH) 1:09:44 Stunden
…
16. Matea Parlov (CRO) 1:11:54 Stunden **
17. Maja Alm (DEN) 1:11:54 Stunden *** / ****
* Weltrekord
** persönliche Bestleistung
*** Halbmarathon-Debüt
**** dänische Meister
Kopenhagen Halbmarathon