Vorschau Marathon der Männer: ÖLV-Quartett mit Optimismus in den Saison-Höhepunkt

Das ÖLV-Quartett am Tag vor dem EM-Marathon in Berlin 2018. © SIP / Andreas Maier

72 Marathonläufer werden sich am Sonntag bei voraussichtlich sommerlichen Wetterbedingungen auf den Straßenkurs in der Berliner Innenstadt mit Start- und Ziel am Breitscheitplatz begeben, um ein großes Marathon-Fest zu feiern. Unter ihnen mit Peter Herzog, Lemawork Ketema, Valentin Pfeil und Christian Steinhammer auch vier Österreicher. Während die europäische Marathon-Elite, die trotz der finanziell attraktiven Marathon-Herbst-Saison zu einem großen Teil vertreten ist – was ein Geschenk für die Europameisterschaften ist – den neuen Europameister sucht, geht das auch österreichische Quartett mit großen Ambitionen und viel Optimismus ins Rennen. Auf Basis individuell guter Leistungen sollen nicht nur ordentliche Einzelplatzierungen, sondern auch eine gute Position in der Teamwertung herausschauen.
 
Bewerb: Marathon der Männer
Startzeit: Sonntag, 12. August um 10 Uhr
Europameister 2014: Daniele Meucci (Italien)
Rekord-Europameister: Gelindo Bordin (Italien) und Stefano Baldini (Italien) (je zwei EM-Titel)
Erfolgreichste Nation: Finnland, Großbritannien und Italien (je fünf EM-Titel)
EM-Rekord: Martin Fiz (Spanien) 2:10:31 Stunden (Helsinki 1994)
Europäische Jahresbestleistung: Mo Farah (Großbritannien) 2:06:21 Stunden (London, 22. April)
Halbmarathon-Europameister 2016: Tadesse Abraham (Schweiz)
Österreichische Teilnehmer: Peter Herzog (LC Saalfelden), Lemawork Ketema (SVS Leichtathletik), Valentin Pfeil (LAC Amateure Steyr), Christian Steinhammer (ULC Riverside Mödling)
 

Das ÖLV-Quartett am Tag vor dem EM-Marathon in Berlin. © SIP / Andreas Maier
Unterschiedliche Vorbereitung

In der Vorbereitung wählten die vier Österreicher unterschiedliche Ansätze. Zwar reisten alle vier zum gemeinsamen Höhentraining nach St. Moritz, Herzog und Steinhammer aber früher ab. Der Salzburger, weil er seinem Job als Biathlon-Trainer am Skigymnasium Saalfelden mit einem Athleten-Trainingslager in Ruhpolding, wo er hoffentlich Zeit für eine vernünftige EM-Marathonvorbereitung gefunden hat. Der Pinzgauer wird ab Anfang September als Marathon-Profi weiter verfahren und hat sich der Union Salzburg LA angeschlossen. Vor seinem EM-Debüt ist der 31-Jährige optimistisch: „Ein Meisterschaftsrennen im Marathon ist für mich komplettes Neuland. Ich habe meinen Fahrplan und kann Richtung Bestzeit laufen wenn die Temperaturen stimmen.“ Allerdings gab der Salzburger bei einem Pressetermin in Berlin zu, nicht in der gleichen Form zu sein wie im März bei der Halbmarathon-WM. „Im Training war nicht alles perfekt, aber ich bin zuversichtlich, da mein Abschlusstraining über 40 Kilometer sehr gut war. Die Emotionen und die Atmosphäre im Rennen werden mich puschen!“, so der amtierende Crosslauf-Staatsmeister weiter. Steinhamer wählte die frühere Abreise aus St. Moritz, um eine Re-Anpassung in der Ebene zu erzielen. Für ihn die sichere Variante. „Es macht einfach Spaß, hier zu laufen. Ich freue mich auf den Start und auf die Zieleinlauf. Das ist die Belohnung für die Trainingsqualen“, zeigte sich der Niederösterreicher einen Tag vor dem Rennen mit bester Laune. Pfeil und Ketema, die beide deutlich mehr Erfahrung mit Höhentraining haben, blieben bis wenige Tage vor dem EM-Marathon in der Schweiz und reisten direkt in die deutsche Metropole.
 

Optimismus bei Ketema, kalkuliertes Risiko bei Pfeil

Eine Leistungseinschätzung des ÖLV-Quartetts ist schwierig, weil Valentin Pfeil von einer längeren Verletzungspause zurückkommt und seine drei Landsleute keine Testrennen nach der Frühjahrs-Marathon-Saison absolviert haben. Damit sind die letzten Wettkampf-Leistungsparameter schon mehrere Monate alt. Im Frühjahr konnten aber vor allem Ketema und Herzog überzeugen. Der gebürtige Äthiopier beim Linz Marathon, bei dem er eine Zeit von 2:14:35 Stunden erzielte und lediglich zwölf Sekunden über seiner eigenen persönlichen Bestleistung erzielte. „Wenn die Wetterbedingungen gut sind, werde ich eine gute Zeit schaffen können. Ich habe mich gut vorbereitet und bin gut in Form“, zeigte sich der mit 31 Jahren Team-Routinier optimistisch. Fünf Wochen lang dauerte sein Trainingslager in der Höhe, bis sechs Tage vor dem EM-Marathon. Herzog brillierte bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften in Valencia mit einer starken Zeit von 1:03:22 Stunden und zeigte beim Vienna City Marathon unter sommerlichen Bedingungen eine kämpferische Top-Leistung, um das EM-Limit von 2:17 Stunden hauchdünn zu unterbieten. Steinhammer ist voraussichtlich der schwächste der vier ÖLV-Athleten und geht in seinen erst dritten Marathon. Den Wien Marathon gab er im letzten Rennviertel unter der Hitze leidend auf. Die größten Fragezeichen stehen hinter Valentin Pfeil, der bei den Weltmeisterschaften 2017 einen hervorragenden 23. Platz erzielt hat. Nach überstandenen, hartnäckigen Problemen mit der Achillessehne hat der Oberösterreicher seither keinen Marathon bestritten. Testrennen in Manchester (10km) und Ceske Budejovice (Halbmarathon) verliefen viel versprechend. Aufgrund seiner Erfahrung geht Pfeil trotz der Umstände als Österreichs Nummer eins in den EM-Marathon. „Ich gehe mit kontrolliertem Risiko ins Rennen. Ich werde nicht so aggressiv anlaufen“, kündigte der Oberösterreicher, der ähnliche Bedingungen wie vor einem Jahr beim WM-Marathon in London erwartet, an. „Ich versuche, die guten Erinnerungen an London ins Gedächtnis zu rufen. Die Strecke ist sicher sehr schnell, sicher einfacher als damals.“ Für ihn bietet die EM 2018 die willkommene Gelegenheit, die Scharte eines völlig verpatzten EM-Auftritts im Halbmarathon vor zwei Jahren in Amsterdam auszuwetzen. Damals überzeugte Lemawork Ketema als bester Österreicher mit Platz 20.
Redaktionelle Mitarbeit direkt aus Berlin: Andreas Maier
 

Ohne Titelverteidiger und deutscher Hoffnung, mit Europarekordhalter

Zu den großen Abwesenden in Berlin zählen der Italiener Daniele Meucci und der Deutsche Arne Gabius. Meucci, der erstmals seit neun Jahren den Saison-Höhepunkt verpasst, sagte seinen Start aus gesundheitlichen Gründen ab. Der Italiener hatte vor vier Jahren in Zürich, als zuletzt ein Marathon im EM-Programm stand, triumphiert und seither zweimal bei Weltmeisterschaften einen Top-Ten-Platz erzielt. Damit muss er mindestens vier Jahre warten, um in die Fußstapfen seiner Landsleute Gelindo Bordin (1986, 1990) und Stefano Baldini (1998, 2006), beide auch Olympiasieger, die jeweils zweimal Marathon-Europameister wurden. Arne Gabius, der ohnehin auf Kriegsfuß mit dem DLV steht, sagte seinen EM-Start ab, um an einem finanziell lukrativen Herbst-Marathon teilzunehmen. So wird das deutsche Marathon-Team angeführt von Philipp Pflieger. Auch der Bayer hat Ärger mit dem Verband. Nachdem er die Norm für den 10.000m-Lauf ebenfalls erbracht hatte, wollte er unbedingt einen Doppelstart wagen und versuchte diesen gerichtlich einzuklagen. Der Verband blockierte, das Gericht gab ihm Recht. Ob es bei derartig hochsommerlichen Bedingungen für eine optimale Marathon-Leistung wirklich sinnvoll ist, fünf Tage vorher einen 10.000m-Lauf mit vollem Einsatz zu laufen, darf Pflieger gerne selbst beantworten. Der DLV ließ eine klare Tendenz zu dieser Frage erkennen. Neben Pflieger nominierte der DLV auch Philipp Baar, Tom Gröschel, Jonas Koller, Sebastian Reinwand und Marcus Schöfisch.
Star des EM-Marathons in Berlin ist Sondre Nordstad Moen. Für viele überraschend hat sich der Norweger gegen einen Start im 10.000m-Lauf und für einen Start im Marathon entschieden. Sollte der Skandinavier eine Titelverteidigung beim Fukuoka Marathon im Dezember anstreben, bleibt ihm noch genügend Vorbereitungszeit, um den Herbst-Marathon-Start nicht zu gefährden. Auf dem Papier ist der 27-Jährige in Abwesenheit des britischen Stars Mo Farah, der wohl die WM 2019 anstrebt, der klare Favorit. In Fukuoka lief er im Dezember 2017 seinen fantastischen Europarekord von 2:05:48 Stunden, den selbst der Brite noch nicht unterboten hat. Allerdings ist die Wettkampfsaison 2018 bisher nicht von Erfolg gekrönt. Aus gesundheitlichen Gründen konnte Moen im Winter nicht wie geplant trainieren, weshalb sein erstes großes Saisonziel, der WM-Halbmarathon ins Wasser fiel. Kein einziger Wettkampf auf der Straße steht zu Buche, nur drei internationale Bahnrennen, was dafür spricht, dass sich der Norweger ursprünglich doch auf die 10.000m vorbereitet hat. Die Medaillenchancen sollten im Marathon höher sein, wenn er mit den Bedingungen zurecht kommt.
 

Halbmarathon-Europameister Abraham mit Medaillenchancen

Wie so häufig bei im Sommer stattfindenden internationalen Meisterschaften werden die Wetterbedingungen am Sonntag eine große Rolle spielen. Mit prognostizierten Temperaturen von 20° bis 24°C. wird es allerdings nicht so schlimm wie an den ersten Tagen dieser Europameisterschaften, ideale Marathon-Bedingungen sehen aber anders aus. Das österreichische Team wird sich mit Kühlwesten und Kühlkappen an den Verpflegungsstationen behelfen. Sportlich hat Moen im Kampf um den Sieg leistungsstarke Herausforderer im Feld, die ihm die Aufgabe erschweren werden. Ein aussichtsreicher Medaillenkandidat Tadesse Abraham, der vor zwei Jahren den anstelle des Marathons im EM-Programm ausgetragenen Halbmarathon gewann. Auch der Schweizer hat 2018 noch kein Marathon-Resultat stehen. Den Lake Biwa Marathon im März musste er mit Atemproblemen aufgeben. Danach kam der Olympia-Siebte von Rio, der die WM 2017 verletzungsbedingt verpasste, beim Grand Prix von Bern auf dem zweiten Platz ins Ziel. Die weiteren Schweizer im Rennen sind Marcel Berni, Andreas Kempf, Christian Kreienbühl, Geronimo von Wartburg und Patrik Wägeli. Ein ähnliches Husarenstück wie 2016, als die Schweiz Europameister im Team wurde, ist außer Reichweite.
Der Dritte aus dem Favoritenkreis auf EM-Gold ist der Holländer Abdi Nageeye, vor zwei Jahren Sechster im EM-Halbmarathon. Der 29-Jährige wurde beim diesjährigen Boston Marathon unter widrigsten Bedingungen Siebter, lief aber beim Amsterdam Marathon 2017 einen neuen holländischen Landesrekord von 2:08:16 Stunden. Ebenfalls ein heißer Kandidat ist der Spanier Javier Guerra, vor vier Jahren unglücklicher Vierter. Der 34-Jährige ließ Ende Februar mit einer Bestleistung von 2:08:36 Stunden beim Sevilla Marathon aufhorchen. Chancen auf die Medaillen haben das starke polnische Team rund um Routinier Henryk Szost und Yared Shegumo, Silbermedaillengewinner von Zürich 2014, der Italiener Stefano La Rosa, der Franzose Hassan Chahdi, der Norweger Weldu Gebretsadik und der Belgier Koen Naert.
 
 
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