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WM 2017: 3.000m-Hindernislauf der Damen, Vorschau: Neue Ära dank Kenia-Power
Emma Coburn hat nun wirklich mehrfach bewiesen, dass sie es gewohnt ist, das beste aus ihren Möglichkeiten herauszuholen. Nicht fähig, dem rasanten Tempo der Weltspitze zu folgen, läuft sie häufig alleine in der Verfolgung ihr eigenes Tempo und versucht, im…
Emma Coburn hat nun wirklich mehrfach bewiesen, dass sie es gewohnt ist, das beste aus ihren Möglichkeiten herauszuholen. Nicht fähig, dem rasanten Tempo der Weltspitze zu folgen, läuft sie häufig alleine in der Verfolgung ihr eigenes Tempo und versucht, im Finale die ein oder andere müde gewordene Läuferin der ehemaligen Spitzengruppe „einzusammeln“. Dabei zeigte sie teilweise hervorragende Leistungen, die beste brachte ihr Olympisches Bronze in Rio. Trotz der skizzierten Konstanz ist Coburn in London keine Favoritin auf eine Medaille, ihre Aussage nach dem Vorlauf ist bezeichnend: „Der Hindernislauf hat sich in den letzten eineinhalb Jahren dermaßen deutlich verändert. Ich bin eine Olympia-Medaillengewinnerin, aber ich habe nirgends, wo ich hinkomme, das Gefühl, dass ich locker auf das Podest laufen kann.“ Mit dieser Perspektive ist Emma Coburn nicht die einzige Läuferin im Feld, die nicht aus Kenia kommt. Denn junge kenianische Emporkömmlinge haben den Hindernislauf revolutioniert. Der Weltrekord der Olympiasiegerin Ruth Jebet (die für den Bahrain läuft), die Weltjahresbestleistung und zweitschnellste Zeit der Geschichte von Celliphine Chespol, einer 18-Jährigen! Nur zwei konnten diesen Quantensprüngen folgen: Weltmeisterin Hyvin Kiyeng und Späteinsteigerin Beatrice Chepkoech. Dieses Quartett bildet die schier uneinholbare Weltspitze und hat den Hindernislauf der Damen in neue Dimensionen geführt.
Bewerb: 3.000m-Hindernislauf der Damen Startzeit: Freitag, 11. August um 21:25 Uhr Ortszeit (22:15 Uhr MEZ) Olympiasiegerin 2016: Ruth Jebet (Bahrain) Titelverteidigerin: Hyvin Kiyeng (Kenia) Rekord-Weltmeisterin: keine Athletin hat öfters als einmal einen WM-Titel errungen Erfolgreichste Nation: Kenia und Russland (zwei WM-Titel) * WM-Rekord: Yekaterina Volkova (Russland) in 9:06,57 Minuten (Osaka 2007) Weltjahresbestleistung: Celliphine Chespol (Kenia) in 8:58,78 Minuten (Eugene) Favoritinnen: Hyvin Kiyeng (Kenia), Ruth Jebet (Bahrain), Celliphine Chespol (Kenia), Beatrice Chepkoech (Kenia) Deutsche Teilnehmerin: Gesa Krause
* der WM-Titel 2009 ist nach der Doping bedingten Disqualifikation von Marta Dominguez ging an Yuliya Zaripova, die später auch des Dopings erwischt worden ist. Ihr Resultat von Berlin ist aber weiterhin anerkannt, ihr Olympiasieg 2012 beispielsweise nicht.
Massive Leistungssprünge
Emma Coburn ist mit ihren 26 Jahren keineswegs ein Routinier in der Szene. Ihre internationale Karriere begann bei einem denkwürdigen Diamond-League-Rennen in Shanghai 2014, als die Weltelite sie als Pacemakerin einstufte und sie an der langen Leine hielt. Die US-Amerikanerin konnte nicht mehr eingeholt werden und feierte ihren bis heute einzigen Diamond-League-Sieg. Seither ist die Läuferin aus Colorado eine Nummer im internationalen Geschäft und krönte ihre Karriere mit dem US-amerikanischen Landesrekord und Olympia-Bronze in Rio.
An ihrem Beispiel wird das Dilemma erkenntlich. Coburn verbesserte sich seit 2014, als sie in Glasgow eine Zeit von 9:11,42 Minuten lief, um dreieinhalb Sekunden und übernahm den US-Rekord von der ehemaligen Hindernisläuferin Jennifer Simpson. Ruth Jebet, immer noch zarte 20, verbesserte sich im selben Zeitraum um fast 28 (!) Sekunden auf den Weltrekord von 8:52,78 Minuten. Die 25-jährige Kiyeng lief in der Saison ihres WM-Titels eine Zeit von 9:10,15 Minuten, in den letzten beiden Jahren jeweils eine 9:00er-Zeit. Beatrice Chepkoech tauchte erst im letzten Jahr auf und verlor in Rio im Duell mit Coburn Bronze, weil sie zu offensiv angegangen ist. Verbesserung 2017: zehn Sekunden. Und Celliphine Chespol wurde zur Zeit der letzten WM Jugend-Weltmeisterin in Cali über 2.000m mit Hindernissen und steigerte ihre persönliche Bestleistung von 2016 auf 2017 um unfassbare 26 Sekunden!
„Es ist unglaublich! Aber für mich gibt es nur eine Möglichkeit. Und die lautet nicht, frustriert zu Hause zu sitzen und mich entmutigen lassen. Ich bevorzuge es, das beste herauszuholen, was möglich ist. Ich bin stolz auf das, was ich bisher erreicht habe und nun will ich die Lücke zur Spitze zu schließen beginnen. Egal was passiert, unterkriegen lass ich mich nicht“, zeigt sich die US-Amerikanerin kampfeslustig. Da man sich als Sportlerin auf die Gegebenheiten einstellen muss, kündigte Coburn auf der Webplattform „Let’s Run“ an, für London in die Form für einen Lauf um die neun Minuten zu kommen. Der Schlüssel: Anstatt nach Extra-Speed zu suchen konzentrierte sie sich im Training mit ihrem Coach und Lebensgefährten Joe Bosshard darauf, die Grundausdauer zu verbessern. „Ich trainiere wie eine 5.000m-Läuferin mit einen größeren Fokus auf Kraft. Harte Intervalleinheiten über 400 Meter oder kürzere Strecken und fordernde 1.500m-Läufe. Das ist der Entwicklungsplan für meinen Körper in diesem Sommer“, kündigte sie Ende des Frühjahrs gegenüber „Lets‘ Run“ an.
Eine eigene Liga
Diese Zahlen lassen nur einen Schluss zu: Wenn das WM-Finale in London halbwegs normal abläuft, ist das Podest rein in kenianischer Hand – egal ob Kenia oder Bahrain auf der Trainingsjacke steht. Die Überlegenheit der in Kenia geborenen Läuferinnen erinnert spätestens seit dem letzten Jahr an die Verhältnisse bei den Herren, die mit nur einer Medaille für Kenia bei den Herren praktisch von einer „Krise“ sprechen. Dennoch verspricht das Rennen nicht nur eine hochklassige, sondern auch hochspannende Entscheidung. Alle vier liefen in diesem Jahr auf ein und dem selben Niveau. Bei diversen Aufeinandertreffen aller vier Weltklasseläuferinnen vor allen Dingen in der ersten Saisonphase in der Diamond League lag stets eine andere vorne. Kiyeng gewann zu Saisonstart in Doha, Jebet konterte in Shanghai, Chespol lief in Eugene trotz eines fast verlorenen Schuhs zur Weltjahresbestleistung und zuletzt trug sich Chepkoech in Paris in die Siegerliste ein. Bei den kenianischen Meisterschaften setzte sich Chespol vor Chepkoech durch, Kiyeng verzichtete aufgrund ihrer Wildcard. Es ist praktisch unmöglich die Favoritenrolle zu platzieren, die Ausgangsposition im vielleicht größten Hindernislauf aller Zeiten verspricht allerdings einen Thriller.
Die Titelverteidigerin zeigte sich in kenianischen Medien betont zuversichtlich: „Ich fürchte niemanden. Das entscheidende ist, wie gut vorbereitet man ins Rennen geht. Wenn du gut trainiert bist, dann nichts schief gehen!“ Außerdem hofft Kiyeng, ihre „ausgewanderte“ Landsfrau vom Podest schubsen zu können. „Wenn wir an uns glauben, ist ein kenianischer Sweep möglich.“ Von einer Medaille träumt auch Beatrice Chepkoech und hofft ebenso auf ein ertragreiches Rennen für Kenia, auch wenn es wohl keine Teamtaktik geben soll: „Wir sollten Ruth Jebet in einen harten Kampf verwickeln.“ Team-Kücken Chespol verzichtete auf derartig kämpferische Aussagen und gab als bescheidenes Ziel eine Finalqualifikation aus…
Gesa Krause einzige europäische Finalistin
So spannend die Ausgangsposition an der Spitze klingt, so aussichtslos ist die Situation für alle anderen. Zumal aufgrund der Qualität an der Spitze von einem langsamen Rennen nur geträumt werden kann. Emma Coburn ist vielleicht die einzige, die mit einem überragenden Auftritt und ihrer bewährten Taktik im Finale eine Aufholjagd starten könnte, falls die Kraft der Spitze nicht für 3.000m Vollgas reicht. Gesa Krause, die in Peking die Gunst der Stunde nutzte und mit einem tollen Finale Bronze gewann, winkte bereits im Vorfeld ab und backt kleinere Brötchen. Mit einem Platz zwischen sechs und acht wäre die Europameisterin schon zufrieden. Das Starterfeld in London, in dem die Schweizerin Fabienne Schlumpf und die Äthiopierin Sofia Assefa fehlen, weil sie im Vorlauf ausgeschieden sind (siehe RunAustria-Bericht) und die ehemalige Weltmeisterin und Vize-Weltmeisterin Habiba Ghribi durch Abwesenheit glänzt, zeigt durchwegs Qualität. Elf der 15 Starterinnen haben persönliche Bestleistungen unter 9:20 Minuten. Die größte Außenseiterin im Feld, in dem mit Krause lediglich eine Europäerin steckt, dazu neben sechs Afrikanerinnen auch gleich fünf Läuferinnen aus vier verschiedenen Nationen des amerikanischen Kontinenten, ist die Argentinierin Belen Casetta. Die 22-Jährige qualifizierte sich mit einem Südamerika-Rekord für das Finale und sorgt für einen bunten Farbtupfer.
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