Laufsport der Extraklasse bei Diamond League Meeting in Eugene

© Getty Images for IAAF

„Was für ein Meeting!“, kündigt die US-amerikanische Online-Plattform „Letsrun“ an und stellt sich die Frage, ob es das größte in der Meetinggeschichte der Prefontaine Classics ist? Beim nach dem in den 70er Jahren bei einem Autounfall verstorbenen US-amerikanischen Lauftalent Steve Prefontaine benannten Meeting im Leichtathletik-Zentrum der Vereinigten Staaten im Bundesstaat Oregon ist das eine mutige Fragestellung. Denn Weltklasse steht hier insbesondere im Laufbereich an der Tagesordnung. Außer Zweifel steht jedoch, dass an den kommenden beiden Tagen grandiose und hoch klassige Laufentscheidungen auf dem Programm stehen. Die Starterfelder sind vollgepumpt von aktueller Weltklasse.
 

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Dibaba und das Comeback der Weltrekord-Ambition

Nach einer, aus ihrer Sicht, Saison zum Vergessen – da tröstete auch eine Olympische Silbermedaille über 1.500m nicht, über die sich manch andere Läuferin tagelang mit Luftsprüngen gefreut hätte – will die Äthiopierin Genzebe Dibaba in der kommenden Saison an jene Ambitionen anknüpfen, die sie bereits vor zwei Jahren durch das Wettkampfjahr getragen haben. Nur allzu gerne würde die 26-Jährige den Weltrekord ihrer Schwester Tirunesh im 5.000m-Lauf verbessern, 2015 scheiterte sie mehrmals an der Marke von 14:11,15 Minuten – unter anderem am Hayward Field in Eugene. Im vergangenen Jahr verhinderten Verletzungen in der Vorbereitung und die bekannte Dopingrazzia im Hotel ihrer Trainingsgruppe in Katalonien derartige Ambitonen, während Landsfrau und Rivalin Almaz Ayana in Rom nur haarscharf am Weltrekord vorbeischrammte.
Um Ayana, Olympiasiegerin und Weltrekordhalterin über die doppelte Distanz, ist es noch ruhig anno 2017. Dafür ist Dibaba wieder frisch und sorgenfrei dabei und will gleich am Vortrag des eigentlichen Meetings das große Highlight setzten – der 5.000m-Lauf der Damen findet nämlich bereits am Freitagabend Ortszeit statt. Ob der Weltrekord wirklich gelingt, bleibt abzuwarten. Denn das große Problem ist, wie damals bei Ayana in Rom offensichtlich, die mangelnde Unterstützung von adäquaten Pacemakerinnen, die das gewünschte Tempo über eine längere Distanz gehen können, und/oder Konkurrentinnen auf ähnlichem Niveau. Will die Äthiopierin in Eugene nach den Sternen greifen, muss sie das in einem Alleingang tun. Denn die Konkurrenz, durchaus nahmhaft besetzt, kämpft voraussichtlich um den zweiten Platz. Ob Lokalmatadorin Molly Huddle, die bereits ein erfolgreiches Marathon-Debüt hinter sich hat, über die Distanz von 5.000m noch die Fähigkeit hat, die Äthiopierinnen Gelete Burka, Dera Dida oder Belaynesh Oljira zu fordern, bleibt abzuwarten. Auch, wie sich die beiden Europäerinnen Meraf Bahta und Sifan Hassan, die ja seit Jahresbeginn in Eugene trainiert, schlagen. Beide haben sicherlich ihre Chancen. Sehr interessant ist auch der Start der Kenianerin Lilian Rengeruk, die bei den diesjährigen Crosslauf-Weltmeisterschaften mit einem Medaillengewinn überrascht hat. Ihre offizielle Bestleistung von 15:30 Minuten ist sicherlich kein Gradmesser für ihre Leistungsfähigkeit. Um Punkte für die Qualifikation für das Diamond League-Finale geht es in Eugene übrigens für die Damen nicht…

Olympiasieger Mo Farah mit fantastischer Bewährungsprobe

… im Gegensatz zu den Herren. Erstmals seit Jahren findet taucht kein 10.000m-Lauf im Programm der Pre Classics auf, was für diese Distanz schade ist, da das Meeting in Eugene eines der wenigen hochklassigen Rennen über diese etwas ins Abseits gedrängte Disziplin war. Daher tummelt sich ein riesiges Starterfeld über 5.000m. Fast schon traditionell feiert Mo Farah in Eugene seinen ersten Saisonstart auf der großen internationalen Bühne. Die Generalprobe über 1.500m endete in einer knappen Niederlage gegen Olympiasieger Centrowitz, zeigte aber, dass der Brite auf einem guten Weg ist. Ist Farah bei einem Rennen über eine seiner beiden Lieblingsdistanzen am Start, ist er automatisch der klare Favorit. Zu dominant agiert der vierfache Olympiasieger in der Schlussphase seiner Rennen, das hat sich im Gedächtnis der Rivalen eingebrannt. Wer den Briten fordern will, muss mutig laufen und ihn bereits frühzeitig auf den 12,5 Stadionrunden herausfordern.
Anwärter dafür gibt es genug, schließlich stehen nicht weniger als elf Läufer am Start, die bereits internationale Medaillen gewonnen haben. Die Hallen-Weltmeister Yomif Kejelcha (2016 nur unweit von Eugene, in Portland) und Caleb Ndiku (2014), Crosslauf-Spezialist, der diesjährige WM-Silbermedaillengewinner Leonard Barsoton und Isiah Koech stellen eine starke Phalanx aus Ostafrika, die angeführt wird vom vielleicht größten generellen Farah-Herausforderer: Geoffrey Kamworor. Der zweifache Crosslauf-Weltmeister will dem Briten bei dessen Heim-Weltmeisterschaften in London unbedingt in die Suppe spucken, allerdings ist dem 24-Jährige dies über 10.000m eher zuzutrauen als über die halbe Distanz. Dennoch kündigte der bullige Kenianer mit seinem schier nie endenen Selbstbewusstsein via kenianischen Medien einen Triumph in Eugene an.
Vielleicht ist der 23-jährige Koech der größte Herausforderer Farahs in diesem Rennen. Mit einer Bestleistung von 12:48,54 Minuten führt er die Zeitenliste an, auf der Farah hinter Albert Rop den dritten Platz einnimmt. Im bunten Teilnehmerfeld stehen weitere interessante Läufer, die ihm eine unvergleichliche Qualität verleiht: Olympia-Silbermedaillengewinner Paul Chelimo aus den USA, der Olympia-Vierte Mo Ahmed aus Kanada und der Olympia-Fünfte Andrew Butchart aus Großbritannien. Sehr gespannt darf man auch auf den jungen Ugander Joshua Cheptegei sein, der erstmals seit seinem sensationellen Einbruch bei den Heim-Weltmeisterschaften im Crosslauf Ende März auf dem internationalen Parkett auftaucht.

Kiprop gegen Centrowitz

Traditionell das letzte Rennen des Meetings in Eugene ist die Bowerman Mile der Herren, die wie jedes Jahr exzellent besetzt ist. Im Zentrum des Interesses, vor allem auch der US-amerikanischen Lauffans, steht das Duell zwischen dem besten 1.500m- und Meilenläufer der letzten Jahre, Asbel Kiprop mit dem taktisch gewievten Olympiasieger Matthew Centrowitz. Je schneller das Rennen wird – und bei derartig besetzten Meetings wird es meistens schnell – desto kleiner wird die Siegchance des Lokalmatadors. Neben Kiprop kommt gleich eine Reihe von Anwärtern auf Spitzenplätze aus Kenia, darunter Elijah Manangoi, der in Doha gewann, Silas Kiplagat und Ronald Kwemoi, der in Doha im 3.000m-Lauf siegte. Auch Meilen-Spezialist Ayanleh Souleiman ist dabei, bei ihm lief es in letzter Zeit aber überhaupt nicht. Die beiden europäischen Starter im Feld sind Europameister Filip Ingebrigtsen und Charlie Grice. Filips Brüder Henrik und Jakob stehen in einem beachtlichen B-Lauf, in dem der 16-jährige Jakob gute Chancen hat, als bisher jüngster Läufer der Geschichte eine sub-4-Meile zu laufen.

Obiri fordert Kipyegon, Freiluft-Saisondebüt für Muir

Nicht um Punkte für die Final-Qualifikation geht es im 1.500m-Lauf der Damen, der aber sehr stark besetzt ist und ein interessantes kenianisches Duell aufbietet. Die ehemalige 1.500m-Spezialistin Hellen Obiri, die nach ihrer Babypause auf die längeren Distanzen gewechselt ist und über 5.000m die Olympische Silbermedaille von Rio gewann, kehrt auf ihre einstige Lieblingsdistanz zurück, um an der Grundschnelligkeit für 5.000m-Aufgaben zu feilschen. In Eugene fordert sie Olympiasiegerin Faith Kipyegon, die beim Diamond League Auftakt in Shanghai relativ ungefährdet blieb. In Eugene muss sich Kipyegon die Favoritenrolle allerdings mit der Britin Laura Muir teilen, die nach einer unheimlich starken Hallen-Saison ihren ersten Auftritt im Freien hinlegt. Gut zwei Monate vor der Heim-WM in London ist nicht nur der Fokus des gesamten Vereinigten Königreichs auf ihre Leistungen in den nächsten Wochen gerichtet.
Wie bei allen Laufentscheidungen sind die besten US-Amerikanerinnen dabei: Olympia-Bronzemedaillengewinnerin Jennifer Simpson, Shannon Rowbury und Brenda Martinez kämpfen wohl mit den Äthiopierinnen Dawit Seyaum, in Shanghai Zweite und vor drei Jahren in diesem Stadion Junioren-Weltmeisterin, und Gudaf Tsegay um die besten Plätze hinter der Spitze. Dass Simpson und Co. mit einer überragenden Frühform aufwarten würden, die eine Herausforderung von Kipyegon und Muir erlauben würde, wäre nach den Erfahrungen der letzten Jahre eine Überraschung.

Büchel mitten in der Weltklasse

Einer der zentralen Höhepunkte des Meetings am Samstagnachmittag Ortszeit wird der 800m-Lauf der Damen, in dem es die Schweizerin Selina Büchel mit der praktisch vollständig versammelten Weltklasse aufnehmen wird. Das bietet eine herausragende Standortbestimmung für die zweifache Hallen-Europameisterin, denn das Feld hätte kaum besser besetzt werden können. Mit der seit über einem Jahr ungeschlagenen Caster Semenya, Francine Niyonsaba, Margaret Wambui, Melissa Bishop, Joanna Jozwick, Lynsey Sharp und Maryna Arzamasova sind die ersten Sieben des Olympischen Finals 2016 dabei, aus der Weltklasse fehlen eigentlich nur die ehemalige Weltmeisterin Eunice Sum und die US-Amerikanerin Ajee Wilson, die eigentlich einen Start in Eugene eingeplant gehabt hätte. Das Starterfeld wird neben Büchel noch von der jungen Äthiopierin Habitam Alemu, die in Doha schon unter 1:59 Minuten gelaufen ist, und der Lokalmatadorin Kendra Chambers ergänzt, die für die Pace sorgen wird.

Starker B-Lauf

Angesichts dieses Starauflaufs über die zwei Stadionrunden ist auch die Besetzung im B-Lauf am Vorabend beachtlich. Dort stehen reihenweise leistungsstarke US-amerikanische Läuferinnen an der Startlinie: Charlene Lipsey, Laura Roesler, Chanelle Price, immerhin Hallen-Weltmeisterin 2014, sowie die beiden sehr talentierten und jungen Sammy Watson und Chrishuna Williams.

Kein Diamond-League-Event, aber Diamond-League-Qualität über die Hindernisse

Ebenfalls bereits am Freitagabend US-amerikanischer Zeit, den der Veranstalter heuer zu Ehren der ersten Marathon-Olympiasiegerin als „Joan Benoit Samuelson Night“ betitelte, steht ein 3.000m-Hindernislauf auf dem Programm, der vorzüglich besetzt ist, wenn man bedenkt, dass es keine Punkte für die Diamond League zu holen gibt. Olympiasiegerin Ruth Jebet scheint sich ebenso wie die Kenianerin Celliphine Cespol, die in dieser Saison stark aufzeigen konnten, keine Pause zu gönnen. Dabei ist auch Beatrice Chepkoech, die mit einer phänomenalen Leistung in Doha in die Weltklasse aufgestiegen ist. Dagegen ist Jebets Hauptrivalin Hyvin Kiyeng in Eugene nicht am Start. Angesichts dieser beachtlichen Besetzung wird es für Lokalmatadorin Emma Coburn und Europameisterin Gesa Felicitas Krause schwierig, auf das Podest zu laufen. Krause hat heuer bereits den deutschen Rekord auf eine Zeit von 9:15,70 Minuten gesenkt, den sie im Nordwesten der USA sicherlich wieder ins Auge fassen möchte.
Diamond League Meeting in Eugene

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