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Dass Caster Semenya ihren Olympiasieg im Olympiastadion von Rio de Janeiro zumindest nach außen nur unterdurchschnittlich genoss , ist aufgrund der Thematik rund um Hyperangrogenismus, welche zumeist auf sie fokussiert, nur allzu verständlich. Dass das Thema die Südafrikanerin nervt ist…
Dass Caster Semenya ihren Olympiasieg im Olympiastadion von Rio de Janeiro zumindest nach außen nur unterdurchschnittlich genoss , ist aufgrund der Thematik rund um Hyperangrogenismus, welche zumeist auf sie fokussiert, nur allzu verständlich. Dass das Thema die Südafrikanerin nervt ist logisch, denn sie wird an den Pranger gestellt, obwohl sie gegen keine Regeln verstößt und einfach nur genau das tut, was auch alle anderen 800m-Läufer mit vollstem Einsatz versuchen: sobald als möglich nach dem Startschuss die Ziellinie zu überqueren. Und dunkle Phasen in ihrer sportlichen Vergangenheit hat Semenya auch nicht vergessen.
Natürlich ist die Diskussion besonders aufgrund der Bedeutung für den Frauensport im Gesamten weit komplizierter und die Ausmaße weit umfassender als eine einzelne Medaillenentscheidung unter Olympischen Ringen, doch nach dem 800m-Lauf der Damen in Rio bekamen die Medaillengewinnerin bei der Pressekonferenz die Möglichkeit, ihre Ansicht nach außen zu tragen.
Höfliches Abweisen
Es dauerte überraschend lange, bis die Intersex-Frage von einem Journalisten gestellt wurde. Gott sei Dank, denn die Höflichkeit gebührt, dass man zuerst die sportlichen Leistung in den Fokus nimmt, zumal diese ja fantastisch waren. Kurz blickten sich Caster Semenya und Bronzemedaillengewinnerin Margaret Wambui an, flüsterten sich einige Wortfetzen zu, bis sie Kenianerin das Wort ergriff: „Vielen Dank für die Frage. Aber lassen Sie uns heute den Fokus auf die sportlichen Leistungen legen, nicht auf medizinische Themen.“ Dass die Athletinnen nicht über das Thema reden wollte, bekräftigte auch Semenya mit tiefer Stimme, aber mit einem überraschend leidenschaftlichen Appell: „Entschuldigen Sie, mein Freund, heute geht es nur um Sport. Wir sprechen hier nicht über die IAAF. Wir sprechen nicht über Spekulationen. Das ist die Pressekonferenz des 800m-Laufs, der heute über die Bühne gegangen ist. (…) Es geht nur um Nächstenliebe. Es geht nicht darum, Leute zu diskriminieren. Es geht nicht darum, Leute aufgrund ihres Aussehens zu kategorisieren oder wie sie sprechen, wie sie laufen, welche Muskeln sie haben. Wenn du als Sportler auf die Bahn gehst, denkst du nur an das Rennen und an die Leistung. Nicht, wie deine Kontrahenten aussehen. Ich denke, der beste Rat ist, hinauszugehen und Spaß zu haben bei dem, was man macht.“
Tabuthema auf der Laufbahn
Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) sucht indes fieberhaft nach einer neuen Regelung, einer Lösung, die für alle Seiten zufriedenstellend ist, wie Präsident Coe betonte. Der Brite stellte in Rio allerdings auch klar, dass er eine Lösung anstrebe, die würdig für die betroffenen Athletinnen ist und bezeichnete Caster Semenya als „Tocher und Schwester der Leichtathletik“.
Währenddessen geriet das Thema in Athletinnenkreisen in Rio fast zum Tabuthema. Keine der Finalistinnen wollte in Interviews darüber reden. „Es tut mir leid, aber ich möchte über dieses Thema nicht sprechen“, blockte Joanna Jozwick stellvertretend ab. Das ironische Lachen am Ende ihrer Aussage war unüberhörbar. Es brodelt in der Szene. Die viertplatzierte Melissa Bishop durchquerte die Mixed Zone laut Erzählungen amerikanischer Journalisten wortlos und mit Tränen in den Augen und ließ ausrichten, später zurückzukommen, aber lediglich über ihre sportliche Leistung sprechen zu wollen. Der Kanadierin war sicherlich ab dem ersten Moment bewusst, dass sie nach einer fulminanten Leistung bei Gleichberechtigung der Testosteron-Werte wohl Olympisches Gold gewonnen hätte.
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