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Philosophiefrage Pacemaker

2015 veränderte der Chicago Marathon seine Philosophie um 180°C. Keine Pacemaker für die Elite mehr. Das heißt, keine Spitzenzeiten im Weltklassebereich mehr. Keine Weltrekordjagd mehr. Zumindest im Normalfall. Damit haben sich innerhalb der World Marathon Majors zwei gleich starke, philosophische…

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2015 veränderte der Chicago Marathon seine Philosophie um 180°C. Keine Pacemaker für die Elite mehr. Das heißt, keine Spitzenzeiten im Weltklassebereich mehr. Keine Weltrekordjagd mehr. Zumindest im Normalfall. Damit haben sich innerhalb der World Marathon Majors zwei gleich starke, philosophische Pole gebildet. Während vor allem der Berlin Marathon und der London Marathon mit einem grandiosen Angebot an Pacemakern Jahr für Jahr versuchen, den Traum vom Streben nach immer schnelleren Marathonläufen zu realisieren, steht bei den drei US-amerikanischen Vertretern in Boston, Chicago und New York der nackte Wettkampf im Vordergrund. Während in Boston und New York auch andere Gründe dafür sprechen, verfügt Chicago aber über eine rekordtaugliche Strecke. Vier Weltrekorde (damals noch Weltbestleistungen) wurden in „Windy City“ gelaufen, je zwei bei Damen und Herren. Mit der Entscheidung, auf Pacemaker zu verzichten, stehen die drei US-Giganten auf internationalem Terrain relativ alleine da. Besonders, wenn man über den Tellerrand der WMM hinausblickt.

Die Kunst des Pacemakings

Das Dasein als Pacemaker ist durchaus eine Kunst. Das gilt sowohl für Pacemaker, die Hobbyläufer betreuen, als auch für jene, die für die Elite schwitzen. Erstere haben die Aufgabe, mit möglichst gleichmäßigem Tempo eine bestimmte Zielzeit anzustreben und dienen den Läufern als wichtige Orientierung, ohne dass diese jede Minute auf die Uhr blicken und jede Kilometermarkierung beachten müssen. Zweitere haben dieselbe Ambition, nur ist das Ziel ihrer Arbeit meist nicht nach 42,195 Kilometern, sondern schon beim Halbmarathon oder bei Kilometer 30 angesiedelt. Und eine bestimmte Zielzeit heißt für sie in der Regel so schnell wie erträglich. Längst haben sich Spezialisten für diesen Teilberuf entwickelt, denn als Pacemaker für die Elite gibt es beträchtliche Summen zu verdienen. Auch Agenturen haben das florierende Geschäft längst erkannt.
Die Pacemaker der Eliteläufer unterstehen übrigens klaren Regeln des Leichtathletik-Weltverbandes. So sind männliche Pacemaker für weibliche Läuferinnen zugelassen. Sobald Pacemaker stehen bleiben und die Strecke verlassen, sind sie aus dem Rennen. Nicht so wie Pacemaker Gilbert Kiptoo am vergangenen Sonntag beim Toronto Marathon. Der Kenianer hatte zuerst die Damen-Spitze gepact, stieg dann ins Auto, um wenig später das Rennen wieder aufzunehmen und beste Kanadierin zu begleiten. Ein klarer Regelverstoß und eine lächerliche Idee. Dass Krista Duchene (noch) nicht disqualifiziert wurde, ist regeltechnisch schwer verständlich. Obwohl die Läuferin an dieser unbegreiflichen Entscheidung der Rennleitung absolut unschuldig war.

Regie oder Improvisation?

Während eine bestimmte Zielzeit anstrebende Pacemaker eine Aufwertung für die Veranstaltung sind, weil sie helfen, die Zufriedenheit der Hobbyläufer zu steigern, spielen die Pacemaker der Elite eine wesentliche Rolle im spitzensportlichen Renngeschehen. Der Unterschied der Renngestaltung ist ein riesiger. Bei gepacten Rennen ist die harmonische Zusammensetzung des Elitefeldes ein wesentlicher Baustein. Aber die Zusammenstellung der richtigen Gruppe der Tempomacher entscheidet ebenso über das Gelingen des Vorhabens. Haile Gebrselassie und dessen völlig missglückter Versuch dem Laufsport als Pacemaker beim London Marathon ein Abschiedsgeschenk zu hinterlassen, hat sich als Negativbeispiel eingebrannt.
Der Rennleiter führt Regie. Die eingeladenen Läufer sind die Schauspieler, die eine vorgegebene Rolle erfüllen müssen. Klar, die Schauspieler haben hier insofern eine aktive Rolle im Drehbuch, als dass ihre Rolle nicht nur an ihre Fähigkeiten angepasst ist, sondern ihre eigenen Wünsche meistens im Sinne einer gemeinsamen Zielsetzung erhört werden. Der Rest ist aber ein am Reißbrett designter Rennverlauf, minutiös geplant und dennoch mit offenem Ende. Ob die Sportler den Plan tatsächlich wie vorgesehen umsetzten können?

Traumrennen in Berlin

Klar, jeder Rennleiter oder Veranstalter würde blanco unterschreiben, bekäme er ein Rennen wie den Berlin Marathon 2016 garantiert. Hervorragende Arbeit der Tempomacher, sich in fabelhafter Form befindliche Stars, ein klassisches Ausscheidungsrennen und ein faszinierendes Duell, das die Spannung auf Weltklasseniveau bis zum Zielband hochhielt. Dass dies nicht die einzige Variante ist, haben bereits viele Rennen bewiesen. Ein zu schnelles Tempo, das das Rennen zerstört, ausgepowerte Athleten auf der zweiten Hälfte oder Solosieger, die bereits feststehen, während emsige Pacemaker ihren Job noch vollenden. Langeweile im Renngeschehen, maximal Spannung im dauernden Abgleich mit der Stoppuhr.

Nachteil im Vergleich der Zeiten

Letzteres passiert bei den amerikanischen Giganten selten. Hier definiert der Regisseur (Rennleiter) zwar ebenfalls nach Konzept seine Schauspieler (Eliteläufer), überlässt diesen jedoch ab dem mit dem Startschuss eingeleiteten, ersten Akt Handlungsfreiheit. Improvisation, wenn man so will. Die Entscheidungsträger sind alleine die Athleten, die im traditionellen Wettkampf Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau die Plätze ausfechten. Dafür haben sie neben ihren physischen Fertigkeiten auch eine breite Palette an taktischen Varianten zur Verfügung. Der Nachteil dieses Schauspiels ist offensichtlich – und der Chicago Marathon kennt ihn nach zwei Ausgaben ohne Pacemaker sehr gut. Die in der auf Weltklasseleistungen fokussierte Aufmerksamkeit als „Bummeltempo“ bezeichnete, erste Rennphase. Wie in einem langatmigen Drama, das mit zu viel Leerlauf versucht, Spannung aufzubauen. Das gelingt so gut wie sicher, die Frage ist aber der Zeitpunkt, bei dem das Rennen Fahrt aufnimmt. Nicht gepacte Rennen sind in der Schlussphase oft spannender als gepacte. Die Hauptdarsteller stecken voller Energie und der Rennverlauf ist offen für viele Facetten.
Unterm Strich bleibt jedoch jedem, der das Rennen nicht direkt beobachtet, der Blick auf die Ergebnisliste. Dieser bedient sich nicht nur die Statistik, sondern auch die Erinnerung. Und die konsequente Folge sind Siegerleistungen, die dann als der Stellung der Veranstaltung nicht angemessen klassifiziert werden. Auch, weil Talent und Leistungsstärke der Sieger meistens stimmt.

Tradition versus Moderne

Der Kampf Mann gegen Mann verfügt auch im Marathon über eine lange Tradition. So ist der Sport entstanden. Heute erinnern neben den Marathon-Giganten in den USA auch noch die Meisterschaftsrennen der Olympischen Spiele, Weltmeisterschaften und Kontinentalmeisterschaften daran. Anders positioniert sich die seit einigen Jahrzehnten in Mode gekommene Moderne. Sie schafft Rahmenbedingungen, das Rennen an der Spitze so schnell wie möglich zu gestalten. Dafür wird auch eine Menge Geld in die Hand genommen, Leistungsprämien für Siegerzeiten oben drauf. Das Streben der Menschheit nach fortwährendem Fortschritt, dem Erreichen immer größerer Ziele und der Traum von magischen Schallmauern kommt hier bestens zum Tragen.
Damit wurde der Sport verändert, denn es waren plötzlich spezielle Fertigkeiten gefragt. Stars wie Wilson Kipsang oder Dennis Kimetto, beides Weltrekordläufer, lieferten ihre schlechtesten Leistungen in Rennen ab, wo keine Pacemaker am Start waren. „Mit der Zeit hat dieser Sport eine Kultur des Pacings entwickelt. Die jüngere Generation kreiert keine echten Racer mehr. Während der ganzen Karriere laufen und trainieren Läufer hinter Tempomacher und entwickeln die Fertigkeiten, die sie hierfür brauchen: ein rasanter Rhythmus, attackieren und bis zum Ziel puschen. Sowohl das physische als auch das psychologische Talent der besten Läufer hat sich klar in diese Richtung entwickelt“, erklärt der US-amerikanische Laufsport-Fachmann Toni Reavis schlüssig.
Beeindruckende Beispiele aus dem anderen Lager sind der zweifache Weltmeister und Chicago-Sieger Abel Kirui, der drei seiner fünf Siege in nicht-gepacten Rennen gefeiert hat, oder Stephen Kiprotich, der als Nummer 107 (!) der ewigen Bestenliste eine Olympische Goldmedaille und eine WM-Goldmedaille im Trophäenschrank hängen hat. Sie sind Athleten, die das ganz hohe Tempo nicht lange genug halten können für ein energiereiches Finale. Sie sind aber Taktikfüchse, deren große Stunde im Kampf Mann gegen Mann schlägt.
Wie eingangs erwähnt: Es ist eine Philosophiefrage, deren Antwortoption nach der besten Reputation der Veranstaltung strebt. Und da sind viele Veranstaltungen mit einer entsprechenden Qualität der Siegerleistung gut beraten. Die drei US-Giganten sind im weltweiten Marathon-Geschäft derartig etabliert, dass Tradition, Beliebtheit und Klasse die Bedeutung Siegerleistungen weit überstrahlen. Olympische und weltmeisterliche Entscheidungen ziehen ihre Attraktivität aus der Bedeutung der Spitzenplätze. Das heißt, die Elite tanzt aus anderen Gründen an. Die in den USA hohen Preisgelder sind nicht zu verachten, die Ehre eines Olympiasiegs oder WM-Titels ebenfalls nicht. Wer aber nicht einen der Top-Marathons der Welt veranstaltet, muss Spitzenläufern etwas Attraktives bieten. Ansonsten fällt die Wahl beim Angebot von über 3.000 Stadtmarathons weltweit auf ein anderes Event. Auch wenn naturgemäß überschaubare Budgets enorm belastet werden, ist qualitativ hochwertiges Pacemaking ein überzeugendes Argument.

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