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Es ist vollbracht

It‘s Showtime! Einfach gedacht könnte man den Auftritt von Eliud Kipchoge im Wiener Prater darauf reduzieren. Dieses außergewöhnliche Experiment verdient aber eine differenziertere Betrachtung. Was war dieser Auftritt wirklich wert, der in gerade einmal einer Stunde, 59 Minuten und 41…

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It‘s Showtime! Einfach gedacht könnte man den Auftritt von Eliud Kipchoge im Wiener Prater darauf reduzieren. Dieses außergewöhnliche Experiment verdient aber eine differenziertere Betrachtung. Was war dieser Auftritt wirklich wert, der in gerade einmal einer Stunde, 59 Minuten und 41 Sekunden ablief?
„Owa nocha gemma auf a Stözn“ fordert neben mir der Freund einer offensichtlich ganz begeisterten jungen Frau, die das sportliche Jahrhundertereignis im Prater kaum erwarten kann. Während sie mit dem Smartphone in der Hand gebannt auf die Strecke blickt und nur beiläufig nickt, biegen schon die Führungsfahrzeuge der Ineos 1:59 Challenge auf die Hauptallee ein. Angeführt von einem Pacercar und umgeben von sieben sich alle paar Kilometer wechselnden Tempomachern, läuft mittendrin der Hauptdarsteller der Inszenierung. Es ist angerichtet für Eliud Kipchoge – Weltrekordler, Weltmeister und Olympiasieger. Die Strecke feinst gesäubert, Blätter und Kastanien, die während des Rennens auf die Straße fallen, werden vom Reinigungsdienst sofort entfernt. Dazu ein Wetter, dem der Begriff optimal gar nicht gerecht wird. 9° Celsius am Start, nicht ein Blatt bewegt sich und durch den Nebel ändert sich daran bis zum Schluss kaum etwas. Erst nach der letzten Schleife um den Praterstern frischt eine leichte Brise auf und gibt den Läufern für die letzte Gerade sogar noch etwas Rückenwind.
Zeigt Kipchoge sich beim Startschuss noch überrascht und läuft verzögert los, ist er schon nach wenigen Metern im antrainierten Rhythmus. Wie schon in anderen Rennen, ruht er wie ein Zen-Meister in sich und folgt seinen Tempomachern, die ein gleichmäßiges Tempo von 2:48 bis 2:52 Minuten pro Kilometer vorgeben. Wie schnell das ist, zeigt der Vergleich der Durchgangszeiten mit Weltrekorden im Straßenlauf. Bei 25 und 30 km war Eliud Kipchoge mit 1:10:59h beziehungsweise 1:25:11h jeweils schneller als die aktuellen Weltrekorde. 2012 war Dennis Kimetto beim Berliner 25-km-Lauf 1:11:18h gelaufen, im vergangenen Jahr hatte Kipchoge selbst beim Berlin-Marathon die 30-km-Marke nach 1:26:45h passiert.

Der Zen-Meister des Marathons in Aktion.
Ich empfand es nie fad, sondern faszinierend wie der Großmeister des Marathonlaufs fokussiert blieb und seinem Laufrhythmus folgte. Manchmal hatte ich den Eindruck, er hätte das ganze Rundherum gar nicht gebraucht. Er lief schon bei seinem Weltrekord in Berlin die zweite Hälfte in 60:33 Minuten – damals praktisch im Alleingang. In Wien folgten auf den ersten Teil in 59:54 mit bis auf die letzten Meter von Tempomachern unterstützte 59:47 Minuten.
Zum Erfolg trug auch ein enthusiastisches Publikum bei, das die Gruppe bei jedem Vorbeikommen frenetisch anfeuerte. Auffällig war, dass sich neben den Wienern und Österreichern, viele Tschechen, Slowaken und Ungarn mit Gästen aus aller Welt hinter den Absperrgittern drängten. Zu begeistern wussten auch afrikanische Communities, vor allem in Wien lebende Kenianer waren total aus dem Häuschen. Alle zusammen – es werden 50- bis 60.000 Fans gewesen sein – sorgen für eine Top-Stimmung, die während und nach dem Zieleinlauf förmlich explodierte. Nach einer Stunde, 59 Minuten und den Regeln entsprechend aufgerundete 41 Sekunden passiert der 34-jährige Kenianer Eliud Kipchoge den Zielstrich und schreibt damit Sportgeschichte. Sponsor Ineos, das sportliche Ausrichterteam vom London-Marathon und das VCM-Team um Gerhard Wehr und Wolfgang Konrad haben perfekte Bedingungen geschaffen, Eliud Kipchoge einen Super-Job erledigt.
Für diese Leistung bekommen alle handelnden Personen von mir ungeteilten Applaus. Ich war und bin nach wie vor sehr beeindruckt. Welcher Druck auf Kipchoge gelastet hat wird ersichtlich, als er sich davon befreien kann, den letzten Kilometer forciert, seine Pacer überholt und direkt nach dem Ziel in die Arme seiner Familie und seines Trainers Patrick Sang stürmt.
„Just did it“ würde sein Ausrüster jetzt wohl sagen, der einen Teil des Erfolges auf den Vaporfly zurückführt, der neuesten Generation eines superschnellen Wettkampfmodells. Durch die Bezeichnung ZoomX Vaporfly Next% soll ein weiteres Prozent Leistungssteigerung – nach vier Prozent beim Vorgänger – drinnen sein. Das ist natürlich Schwachsinn. Bislang wissen wir nicht wirklich, wo auf dem Spektrum neuer Technologien der Nutzen liegt. Es werden gewiss nicht null, aber auch nicht fünf Prozent sein. Dieses „Etwas“ dazwischen wäre interessant zu wissen. Es geht immer weiter und Innovation ist normal. Was fehlt sind unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen, die mögliche Vorteile seriös beschreiben. Nike wird es vorerst egal sein, die „Schnäppchen“ zu 275 Euro gehen ohnehin weg wie warme Semmeln. Auch der von mir trainierte Peter Herzog, der sich kürzlich mit diesem Schuh für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizierte, ist von dessen Qualität überzeugt.
Wo auf der einen Seite Begeisterung ist, dürfen die Kritiker nicht fehlen. Vieles unterscheidet sich bei diesem Projekt von Marathons, die nach den Regeln der IAAF* durchgeführt und den Vermessungsvorgaben der AIMS* entsprechen. Ganz stark auf Twitter & Co. tritt die misogyne Szene jener Experten auf, die zu allen relevanten Gesellschaftsthemen ihren Senf ausdrücken müssen. Sie diskutieren, ob das überhaupt Sport ist oder werfen dem Herrn über viele Milliarden Pfund vor, sich im neokolonialistischen Stil der Qualität eines harten Arbeiters aus Ostafrika zu bedienen. Im Umgang mit afrikanischen Athletinnen und Athleten beobachte ich tatsächlich ein solches Verhalten – erst kürzlich bei einer ARD-Moderatorin während eines Interviews mit Kenenisa Bekele nach dessen Fastweltrekord in Berlin. Bei Kipchoge geht dieser Ansatz ins vollkommen Leere. Er war es, der dieses Ziel definierte und konsequent verfolgte. Er konnte wesentliche Leute überzeugen, ihn auf diesem Weg zu begleiten und mit den allerbesten Rahmenbedingungen zu unterstützen. Hören Sie einmal genau hin, bei dem was und wie er etwas sagt. Er ist eine Inspiration für so viele Menschen. In meiner Einschätzung ein laufender Philosoph, ein ständig philosophierender Läufer. Das ist es auch, was ihn zu einem Vorbild für Millionen Läuferinnen und Läufer weltweit macht. Es gelingt ihm, nicht nur innerhalb des Sports, sondern mindestens eine Ebene höher, das Leben und die Probleme dieser Welt zu betrachten. Spannend ist zum Beispiel seine aktuelle Kommunikation mit Barack Obama.
Kritisch auseinandersetzen darf man sich trotzdem mit dieser Event-Form. Ineos ist nicht der erste Konzern, der durch Sport auf Imageverbesserung setzt. Und solche Veranstaltungen wird es in Zukunft deutlich mehr geben. Gültige Regeln, die den Sport erst vergleichbar und fair gestalten lassen, werden bewusst umgangen. Die Form des eingesetzten Pacemakings bringt einen enormen Vorteil. Unverständlich ist für mich, warum die Strecke zwar genau vermessen, jedoch nicht mit dem den Regeln entsprechenden einen Promille verlängert wurde. Auch mit den von der IAAF vorgeschriebenen 42 Metern mehr, hätte Kipchoge sein Ziel sub2 erreicht. Da helfen auch keine Argumente, dass es keine Möglichkeit zum Schneiden von Kurven oder Ecken gibt. Die Londoner gebärden sich gerne als „Lordsiegelbewahrer“ des echten und guten Sports, hier wurde sehr bewusst auf Wesentliches verzichtet.
Ich hätte mir im Rahmen dieses Projekts nicht nur eine stärkere Botschaft gegen Doping, sondern auch ein griffiges Konzept für Trainings- und Wettkampfkontrollen im Anti-Dopingkampf gewünscht. So wurde zwar mit der AIU* kooperiert und in Wien wurden einige der eingeladenen Tempomacher kontrolliert, mögliche Zweifel werden aber damit nicht widerlegt.
Für die Stadt Wien ist dieser weltweit registrierte Erfolg eine enorme Werbung – eine wahre Okkasion. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um über die bestfrequentierte Laufmeile Österreichs intensiv nachzudenken und aus der Prater Hauptallee eine Sportallee mit einem vielfältigen Angebot für verschiedene Sportarten zu machen. Profitieren wird der Vienna City Marathon vom Umstand, dass in Wien Marathongeschichte geschrieben wurde.
Was bleibt noch offen? Ein reguläres Rennen mit dem Ziel sub2. Ein Duell mit Kenenisa Bekele, der in Berlin heuer aufgrund einer Baustelle 13 bis 15 Meter weiter laufen musste als Kipchoge bei seinen 2:01:39 Stunden. Letztlich fehlten dem Äthiopier nur zwei Sekunden auf das unerreichbar Scheinende. Vielleicht kommt es am 9. August 2020 zu diesem Duell, wenn es in Tokio um den Olympiasieg geht. Kann aber sein, dass Bekele aufgrund der dort zu erwartenden Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit auf Olympia verzichtet und den Weltrekord ins Visier nimmt. In diesen Kampf wird schon bald der erst 26-jährige Geoffrey Kamworor eingreifen, der vor wenigen Wochen in Kopenhagen die Bestmarke im Halbmarathon auf 58:01 Minuten drückte.
#NoHumanIsLimited klingt gut, ist aber Marketingsprech. Denn jedes Wesen ist irgendwie und irgendwann limitiert – auch unter Ausschöpfung unserer autonom geschützten Reserven. Sogar wenn Drogen im Spiel sind. Aus einem Ackergaul wird kein Rennpferd. Was können wir Irdische dennoch vom offensichtlich Außerirdischen lernen und für uns mitnehmen. Seine Zielgerichtetheit, Bescheidenheit und professionelle Herangehensweise ist nicht nur für Österreichs beste Marathonläuferinnen und -läufer auf ihrem Weg zu den Olympischen Spielen in Tokio vorbildlich, sondern für uns alle ein Quell der Inspiration.
Erst unsere eigenen Anstrengungen werden zeigen, wo unsere persönlichen Limits zu finden sind. Wenn schon begrenzt, dann sollten wir es zumindest auf gut Österreichisch probieren: #aBissalWosGehtImma. Auf alle Fälle geht mehr als nur die „Stözn“ (und das Bier) danach.
Erklärung:
*IAAF – International Association of Athletics Federations ist der Dachverband aller nationalen Sportverbände für Leichtathletik
*AIMS – Die Association of International Marathons and Distance Races ist eine Vereinigung der Veranstalter von Langstreckenrennen
*AIU – Die Athletics Integrity Unit ist eine unabhängige Organisation, die im Jahr 2017 von der IAAF mit dem Ziel gegründet wurde, die Dopingproblematik in der Leichtathletik zu bekämpfen

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