Drama um Hawkins öffnet Shelley die Tür
Die Leichtathletik-Bewerbe bei den Commonwealth Games 2018 in Gold Coast sind mit einem sportlichen Drama zu Ende gegangen. Der Schotte Callum Hawkins führte im Marathon der Männer überlegen, als er in der Schlussphase zu torkeln begann und kollabierte. Der WM-Vierte hat mittlerweile das Krankenhaus der ostaustralischen Stadt bei guter Gesundheit verlassen. In einer Aussendung des schottischen Teams bedankte sich der 25-Jährige für die großartige Unterstützung des medizinischen Personals an der Strecke und im Spital. Die bereits sicher geglaubte Goldmedaille gewann so der Australier Michael Shelley, der bereits vor vier Jahren in Glasgow triumphiert hatte. Bei drückender Hitze gewannen Solomon Mutai aus Uganda und Hawkins schottischer Landsmann Robbie Simpson die weiteren Medaillen. Dagegen erlebte Kenia ein Debakel.
Flottes Rennen trotz Hitze
Bei trotz früher Startzeit unwirtlichen Temperaturen für Marathonläufer – bei Zielankunft am Vormittag australischer Zeit zeigte das Thermometer bereits 27°C (!) – kam dem Kampf gegen die äußeren Bedingungen fast dieselbe Bedeutung zu wie jenem gegen die Konkurrenz. Trotz der hohen Temperaturen absolvierte die Spitze für ein Meisterschaftsrennen keine langsame erste Hälfte. In einer Zeit von 1:07:45 Stunden lagen Hawkins, Shelley, dessen Landsmann Liam Adams, der Kenianer Kenneth Mungara, Daidi Makula aus Tansania, Tsepo Methibelle aus Lesotho, Alexis Nizeyimana aus Ruanda, Robert Chemonges aus Uganda und Uveni Kugongelwa aus Namibia gemeinsam an der Spitze. Ein Großteil aus diesem Kreis sollte das Ziel nicht erreichen und musste im letzten Rennviertel aufgeben.
Das Drama bei Kilometer 40
Das Drama um Top-Favorit Callum Hawkins, der sich vor der 30km-Marke abgesetzt hatte und zu diesem Zeitpunkt bereits über 40 Sekunden Vorsprung auf Michael Shelley hatte, begann bei Kilometer 39, als erste Anzeichen totaler Erschöpfung offensichtlich waren. Rund zwei Minuten vor seinem Verfolger überquerte er die Zwischenzeit bei Kilometer 40. Kurz danach fiel er zum ersten Mal zu Boden, rappelte sich auf, lief einige Schritte und brach erneut zusammen. Während medizinische Unterstützung im Anmarsch waren, fotografierten einige Zuschauer lieber anstatt zu helfen – heftige mediale Kritik über dieses Verhalten war die Folge genauso wie über die schleppend anlaufende Rettungskette.
Zweiter Titel für Shelley
Bange Momente um Hawkins Gesundheit rund um den Schock des dramatischen Ereignisses begleiteten so das Ende des Marathons der Herren – Gott sei Dank mit einem Happyend. Hawkins kann bereits gemeinsam mit dem schottischen Team die Heimreise antreten. Sportlich gesehen fiel dem Lokalmatador Michael Shelly die Goldmedaille fast in den Schoß. Angetrieben von Zurufen des Publikums fasste er neue Motivation und überholte den am Boden liegenden Hawkins zwei Kilometer vor dem Ziel. In einer Siegerzeit von 2:16:46 Stunden war er über fünf Minuten langsamer als vor vier Jahren in Glasgow – das war den Umständen des heißesten Commonwealth-Games-Marathon des aktuellen Jahrhunderts geschuldet. „Ich war am Ende völlig fertig und litt unter Krämpfen. Um ehrlich zu sein, ich bin überglücklich, dass ich das Ziel erreicht habe“, keuchte der Titelverteidiger in die Mikrophone. Den Jubel seiner Landsleute am Streckenrand für die erste Lauf-Goldmedaille bei den Commonwealth Games 2018 wird er sicherlich in der Rückbetrachtung genießen.
Bronze für Schottland, Kenianer geschlagen
Über zwei Minuten dauerte es bis zur nächsten Zielankunft. Solomon Mutai, 2015 beim Hitze-WM-Marathon von Peking Überraschungsdritter, setzte die Erfolgsserie der ugandischen Läufer in Gold Coast mit Marathon-Silber fort. Schottland nahm – rein aus sportlicher Perspektive – nach dem Drama um Hawkins immerhin noch die Bronzemedaille mit. Robbie Simpson setzte sich gegen den Nordiren Kevin Seaward durch. Der lange Zeit vorne mitlaufende Liam Adams aus Australien wurde Fünfter.
Eine historische Pleite setzte es für das nicht sehr namhafte kenianische Team, das aber aufgrund der besten Vorleistungen um die Medaillen hätte kämpfen sollen. Julius Karinga erreichte als Erster der Kenianer auf Position neun das Ziel, der 44-jährige Mungara, der den Streckenrekord beim Gold Coast Marathon hält, wurde Zehnter unter 17 Finishern.
Titel für Namibia
Weit weniger dramatisch, aber durchaus auch spannend und aufgrund der australischen Erfolge recht stimmungsvoll verlief der Marathon der Frauen, der fast eine Stunde früher als das Männerrennen gestartet wurde. Helalia Johannes aus Namibia, bereits mehrfach Teilnehmerin bei internationalen Meisterschaften, feierte in einer Zeit von 2:32:40 Stunden ihren größten Erfolg und jubelte über die Goldmedaille. Die ist bereits 37 Jahre alt und beendete den Olympischen Marathon von London 2012 auf einem beachtlichen zwölften Platz. Sie ist erst die zweite Goldmedaillengewinnerin aus ihrem Land bei Commonwealth Games nach dem ehemaligen Sprint-Star Frankie Fredericks. Dahinter jubelten die Australierinnen Lisa Weightman und Jessica Trengove über Silber und Bronze.
Samuels und Dixon fallen zurück
Das Rennen begann gemütlicher und angesichts der Bedingungen vorsichtiger als jenes der Männer. Bei 1:17:31 Stunden überquerte ein leistungsstarkes Septett die Zwischenzeit beim Halbmarathon. Bei Kilometer 30 lagen noch die kenianische Favoritin Sheila Jerotich, die beiden Lokalmatadorinnen und die spätere Siegerin vorne. Die beiden Engländerinnen Sonia Samuels und Alison Dixon hatten den Anschluss verloren und mussten ihre Medaillenhoffnungen begraben. Am Ende gab es die Ränge fünf und sechs.
Johannes im Finale die Stärkste
Die nächste, die zurückfiel, war Favoritin Jerotich, die nur Vierte wurde. Damit blieb Kenia in beiden Marathon-Entscheidungen ohne Edelmetall. In der Schlussphase entwickelte sich ein Ausscheidungsrennen, bei dem Jede ums Überleben kämpfte. Es folgte trotz der Bedingungen der schnellste 5km-Teilabschnitt zwischen Kilometer 35 und Kilometer 40 (17:34 Minuten für die Siegerin, 19:34 Minuten für Jerotich), der die entscheidenden Lücken riss. Johannes war die Stärkste, Weightman und Trengove wurden ihren Rollen als heimische Medaillenhoffnungen gerecht.
Ergebnis Marathon der Männer
Gold: Michael Shelley (Australien) 2:16:46 Stunden
Silber: Solomon Mutai (Uganda) 2:19:02 Stunden
Bronze: Robbie Simpson (Schottland) 2:19:36 Stunden
4. Kevin Seaward (Nordirland) 2:19:54 Stunden
5. Liam Adams (Australien) 2:21:08 Stunden
6. Paulus Ilyambo (Namibia) 2:22:39 Stunden
7. Alex Chesakit (Uganda) 2:23:06 Stunden
8. Lee Merrien (GGY) 2:24:10 Stunden
9. Julius Karinga (Kenia) 2:24:26 Stunden
10. Kenneth Mungara (Kenia) 2:25:42 Stunden
11. Andrew Davies (Wales) 2:26:05 Stunden
12. Tyler Butterfield (Bermuda) 2:26:29 Stunden
13. Ramolefi Motsieloa (Lesotho) 2:30:16 Stunden
14. Stephano Gwandu (Tansania) 2:33:03 Stunden
15. Josh Griffiths (Wales) 2:37:10 Stunden
16. Nicholas Kamakya (Kenia) 2:40:18 Stunden
17. Happy McHenlenje (Malawi) 2:45:31 Stunden
Ergebnis Marathon der Frauen
Gold: Helalia Johannes (Namibia) 2:32:40 Stunden
Silber: Lisa Weightman (Australien) 2:33:23 Stunden
Bronze: Jessica Trengove (Australien) 2:34:09 Stunden
4. Sheila Jerotich (Kenia) 2:36:19 Stunden
5. Sonia Samuels (England) 2:36:59 Stunden
6. Alyson Dixon (England) 2:38:19 Stunden
7. Lavinia Haitope (Namibia) 2:40:54 Stunden
8. Caryl Jones (Wales) 1:43:58 Stunden
9. Sara Makera (Tansania) 2:46:52 Stunden
10. Shelmith Nyawira (Kenia) 2:47:53 Stunden
11. Hiruni Wijayaratnhe (Sri Lanka) 2:49:38 Stunden
12. Leena Ekandjo (Namibia) 2:50:59 Stunden
13. Neueng Khatala (Lesotho) 2:51:04 Stunden
14. Tonya Nero (Trinidad & Tobago) 2:55:14 Stunden
15. Elinor Kirk (Wales) 2:57:01 Stunden
16. Virginia Moloney (Australien) 2:58:54 Stunden
Commonwealth Games 2018 in Gold Coast