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Es lief lange Zeit nicht prickelnd für Kenia in London. Erst recht nicht, wenn man die Bilanz mit dem historischen Hoch in Peking vergleicht. Doch am Schlusstag konnte sich Kenia noch einmal auf seine Laufhelden verlassen. Nicht einmal eine Stunde…
Es lief lange Zeit nicht prickelnd für Kenia in London. Erst recht nicht, wenn man die Bilanz mit dem historischen Hoch in Peking vergleicht. Doch am Schlusstag konnte sich Kenia noch einmal auf seine Laufhelden verlassen. Nicht einmal eine Stunde nach dem Triumphlauf von Hellen Obiri über 5.000m legte die ostafrikanische Läuferhochburg im 1.500m-Finale der Herren einen Doppelsieg nach. Das Besondere: Es war nicht der dreifache Weltmeister Asbel Kiprop, der reüssierte, sondern seine Kronprinzen. Elijah Managoi, Vize-Weltmeister von Peking und unglücklicher Verhinderter bei den Olympischen Spielen von Rio, wo eine Verletzung seinen Halbfinalstart unmöglich machte, gewann den Schlussspurt vor seinem Landsmann Timothy Cheruiyot und Europameister Filip Ingebrigtsen, der einen dramatischen Fight um Bronze für sich entschied. Auch wenn der Weltmeister erstmals seit Berlin 2009 nicht Asbel Kiprop heißt, ist irgendwie alles beim Alten: der dritten kenianische Doppelsieg beim vierten kenianischen Titelgewinn in Folge.
Teamtakik
Kurz vor dem Start streckten die drei Kenianer ihre Köpfe sekundenlang zusammen und hielten sich an die Schultern. So wie man es von Fußballmannschaften kennt. Es ging hier sicherlich um ein Einschwören, vermutlich hat der erfahrenste, Asbel Kiprop das Wort ergriffen. Die Taktik hatten die Kenianer bereits vorher besprochen. Es sollte eine Teamtaktik sein. Eine, die Überraschungen von endschnellen Nicht-Kenianern wie bei den Olympischen Spielen von Rio verhindert.
Flottes Tempo von Beginn an
Und so übernahmen die beiden kenianischen Trainingspartner aus Nairobi, Timothy Cheruiyot und Elijah Managoi vom Start weg die Führung und drückten auf das Gaspedal. Nach 1:57,59 Minuten waren die ersten 800m absolviert und bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich Titelverteidiger Asbel Kiprop an die dritte Position gesetzt. Das kenianische Trio hatte eine Lücke zum Rest des Feldes erarbeitet und damit eine Vorselektion geschafft. Denn endschnelle Leute wie der zweifache Olympia-Medaillengewinner Nick Willis, Hallen-Europameister Marcin Lewandowski oder der Tscheche Jakub Holusa, der dank seines fabelhaften Finishs noch Fünfter wurde, waren rechtzeitig zu weit distanziert. Aus einem einfachen Grund: Sie sind nicht in der Lage derart schnelle Zeiten zu laufen.
Doppelsieg
Es war ausgerechnet der dreifache Weltmeister, der das Tempo nicht bis zum Schluss halten konnte. Sensation ist das nach dieser Saison keine. Der 28-Jährige hatte die Größe, nach dem Rennen gemeinsam mit seinen kenianischen Teamkollegen und Thronfolgern zu feiern. Zuvor war er nach einem lustlosen Lauf entlang der Zielgerade auf Position neun ins Ziel gekommen. Ganz nach dem Motto, ob Vierter oder Neunter, scheißegal. Der Kenianer, der diese Disziplin über Jahre beherrscht hat, hat sich nicht rechtzeitig für die WM in Topform bringen können. Und wohl erkannt, dass in London der Zeitpunkt der Zepterübergabe erfolgt ist. Es wäre keine Überraschung, wenn die Leichtathletik-Fans Kiprop zukünftig zumindest bei Meisterschaftsrennen auf den 5.000m zu sehen bekommen.
An der Spitze führte Timothy Cheruiyot ausgangs der letzten Kurve, doch Elijah Manangoi hatte das bessere Finale. In einer Endzeit von 3:33,61 Minuten setzte er sich vor seinem Landsmann, der seine erste globale Medaille feierte, durch. Nur viermal war ein WM-Finale schneller, dreimal mit dem unvergesslichen Hicham El Guerrouj als Titelträger, einmal mit dessen Vorgänger Nourredine Morceli. „Ich bin überglücklich. Das war ein grandioses Rennen. Timothy war heute stark, aber ich habe auf der Zielgerade noch Extrareserven gefunden“, strahlte der neue Weltmeister. Cheruiyot ergänzte: „Elijah ist mein Freund. Ich bin sehr glücklich für uns, dass wir Gold und Silber haben.“ Vor wenigen Wochen hat Manangois jüngerer Bruder den 1.500m-Lauf bei den Jugend-Weltmeisterschaften in Nairobi gewonnen. Vielleicht bestreiten die beiden Brüder einmal gemeinsam ein WM-Finale, schließlich ist Manangoi auch erst 24 Jahre alt.
Ingebrigtsen holt Gold für Europa
Es war bei weitem nicht die einzige Medaille im Laufbereich, die in den Tagen an einen europäischen Läufer ging. Ganz im Gegenteil, Europa hat in vielen Laufdisziplinen aufgeholt, das gilt vorwiegend für die Männer. Aber, da es die letzte der zwölf weltmeisterlichen Laufentscheidungen in London war, hat sie irgendwie einen symbolischen Wert. Auch aufgrund der Art und Weise, wie sie herausgelaufen wurde. Es gab zwei Bewerber, den norwegischen Europameister Filip Ingebrigtsen und den Spanier Adel Mechaal, der ein überraschend famoses Rennen zeigte. Am Ende setzte sich in einem dramatischen Schlussspurt jener Mann durch, der sich die Medaille vielleicht durch die Tempoarbeit davor einen Tick mehr verdient hatte. Aber der Iberer quetschte dem Skandinavier im Zweikampf entlang der Zielgerade alles aus dessen Körper heraus, so dass dieser spektakulär über die Ziellinie stürzte. Bitter für Mechaal, denn seine Topleistung drückt der bei Weltmeisterschaften unbeliebteste Rang nicht korrekt aus. Zu den ersten Gratulanten des Bronzemedaillengewinners gehört der aktuell von einer Operation rekonvaleszente Bruder Henrik, der als Betreuer im norwegischen Team mit nach London gereist ist. „Familie bedeutet alles für uns“, erklärte Filip.
Filip Ingebrigtsen übernahm die Tempoarbeit in der Verfolgergruppe, als die drei Kenianer sich abgesetzt hatten. Alleine führte er die Verfolger heran, Mechaal und der am Ende sechstplatzierte Sadik Mikhou konnten ihm folgen. Es hatte kurz den Anschein, als könnte Ingebrigtsen sogar die beiden Kenianer attackieren, doch auch die beschleunigten noch einmal auf die Zielgerade. So erkämpfte sich der mit einer riesigen Portion Selbstbewusstsein ausgestattete 24-Jährige eine spektakuläre Bronzemedaille. Die erste für einen europäischen Läufer seit dem Portugiesen Rui Silva, der 2005 bei der Regen-WM in Helsinki ebenfalls Bronze gewonnen hat. Dass es die erste für Norwegen und sogar für Skandinavien das erste Edelmetall in dieser Disziplin ist, liegt auf der Hand. Und um ein Haar wäre Adel Mechaal in die Fußstapfen seiner Landsleute Fermin Cacho und Reyes Estevez getreten, die in den 90er Jahren je zweimal auf das WM-Podest liefen. Ein nostalgischer Moment, denn die ehemals große Läufernation Spanien reist von den Leichtathletik-Weltmeisterschaften von London gänzlich ohne Medaille heim…
Ergebnis 1.500m-Lauf der Herren
Gold: Elijah Managoi (Kenia) 3:33,61 Minuten Silber: Timothy Cheruiyot (Kenia) 3:33,99 Minuten Bronze: Filip Ingebrigtsen (Norwegen) 3:34,53 Minuten
4. Adel Mechaal (Spanien) 3:34,71 Minuten
5. Jakub Holusa (Tschechische Republik) 3:34,89 Minuten
6. Sadik Mikhou (Bahrain) 3:35,81 Minuten
7. Marcin Lewandowski (Polen) 3:36,02 Minuten
8. Nick Willis (Neuseeland) 3:36,82 Minuten
9. Asbel Kiprop (Kenia) 3:37,24 Minuten
10. John Gregorek (USA) 3:37,56 Minuten
11. Fouad El Kaam (Marokko) 3:37,72 Minuten
12. Chris O’Hare (Großbritannien) 3:38,28 Minuten
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